Kultur: Humorige optische Einfälle
Filmklassiker im Filmmuseum vorgestellt: „Zar und Zimmermann“, 1955 von der DEFA gedreht
Stand:
Vor allem Babelsberger Filmgeschichte wird im Filmmuseum Potsdam gehegt und gepflegt. Das heißt, die vielfältigen Dokumente, Kostüme, Technik, Nachlässe werden gesammelt und dem Publikum präsentiert. Natürlich kommen cineastische Kostbarkeiten zur Aufführung. In unserer Serie „Filmklassiker vorgestellt“ machen wir heute mit dem Film „Zar und Zimmermann“ bekannt. Es ist der Wunschfilm von Klaus Büstrin, den das Filmmuseum ihm zu Ehren anlässlich seines 65. Geburtstages aufführt. Der Jubilar schrieb selbst, was den Film seiner Wahl so interessant macht.
Musikfilme hatten in den fünfziger und sechziger Jahren bei der DEFA Priorität. Vor allem Opern und Operetten kamen auf die Leinwand, unter anderen Mozarts „Figaros Hochzeit“, Nicolais „Die lustigen Weiber von Windsor“, Wagners „Der fliegende Holländer“, Offenbachs „Die schöne Lurette“, Millöckers „Der Bettelstudent“ (Mazurka der Liebe). Eine der schönsten Opernverfilmungen wurde 1955 in den Babelsberger Studios als erster Breitwandfilm der DEFA produziert: „Zar und Zimmermann“ nach der Komischen Oper von Albert Lortzing – ein turbulentes Verwechslungsspiel mit wunderbar frischer Musik. In der holländischen Werft von Saardam haben sich Zar Peter I. und der Zimmermann Peter Iwanow unerkannt eingeschlichen – der erste Peter, weil er das Schiffshandwerk studieren will, der zweite, weil er fahnenflüchtig Unterschlupf sucht. Doch solch eine Versteckspiel geht nicht gut, wenn eine Frau ins Spiel kommt. Marie, die Nichte des Bürgermeisters, wird von beiden hofiert. Der eitle Stadtvorsteher Van Bett versucht aus der Anwesenheit des Zaren für sich und für die Kommune Kapital zu schlagen. Aber wie es in einer Komödie oftmals gang und gäbe ist, kommt es für die Protagonisten anders als sie denken. Die Zuschauer wissen es längst und haben ihre Freude daran.
Der Film, der unter der Regie von Hans Müller entstand, wird vor allem wegen der humorigen optischen Einfälle und der an Gemälde alter holländischer Meister erinnernden Kompositionen hoch gelobt, besonders aber die köstliche Darstellung des Bürgermeisters Van Bett durch Willy A. Kleinau. Er hatte in DEFA-Filmen wie „Kein Hüsung“, „Der Teufel vom Mühlenberg“ oder „Das Fräulein von Scuderi“ bereits viel Ruhm erlangt.
In „Zar und Zimmermann“ spielten mehrere westdeutsche Schauspieler mit: Lore Frisch, Bert Fortell, Walther Süßenguth. Der DEFA-Besetzungschef Walter Reiche bemerkt 1954 in einem Brief: „Die DEFA und ihr Besetzungschef haben ständig und unbeirrbar die Linie verfolgt, auf der es keine West- und Ostschauspieler, sondern lediglich deutsche Schauspieler gibt.“ Doch die Zeiten des Kalten Krieges verhinderten nach und nach das Engagement von Darstellern aus der Bundesrepublik bei der DEFA. Willy A.Kleinau blieb wohl der einzige wirkliche Star, der in beiden deutschen Staaten mit wesentlichen Filmrollen besetzt wurde. 1957 starb er nach einem Autounfall bei Merseburg. Klaus Büstrin
25. Juni, 18 Uhr Filmmuseum
Klaus BüstrinD
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: