Kultur: Hunde der Steinzeit
Zwiespältig: Dog Eat Dog spielten im Waschhaus
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Viele Besucher des Konzertes von Dog Eat Dog am Mittwoch erinnerten sich wahrscheinlich noch an die Zeit, in der sie zu den satten Klängen der Band durch die Disco tobten. Einige haben bei der pubertären Partnersuche Anfang der Neunziger vielleicht sogar ihr erstes Mädchen zu „No fronts“ auf der Tanzfläche umsprungen oder sich beim Skaten mit „Who“s the king?“ auf den Ohren die ersten Narben geholt. Es schwingt einiges an nostalgischer Vorfreude mit, als sich das ruhige Warten bei der ersten Vorband Ultima Ratio Regis in ein dröhnendes Warten verwandelt. Die Texte handeln wohl von Glaubenskriegen und Russisch Roulette, wie man in den Ansagen erfährt. Dem lärmenden Gangster-Metal kann man leider weder Texte noch musikalische Raffinessen entnehmen.
Da kommen Itchy Poopzkid wesentlich elegant-rockender daher. Mit einem sympathisch-dämlichen Bandnamen und energetischem Powerrock, fabriziert von drei hochmotivierten jungen Männern, bleiben die Süddeutschen in angenehmer Erinnerung.
Nach einem Einmarsch zum „Darth Vader“–Thema, setzen Dog Eat Dog mit „Showtime“ von der aktuellen Scheibe gleich einen Energie geladenen Brecher an den Anfang. Während die Hälfte des Publikums sich im vorderen Bereich durch exzessives Tanzen und Springen auskocht, stehen die Zuschauer im hinteren Teil eher mit interessiertem Blick und lassen sich von der Musik höchstens zu einem Wippen inspirieren.
Wie bei einem alten Film, den man lange nicht gesehen hat, wecken Dog Eat Dog bei dem Einen die alten Emotionen zum neuen Leben, während sich der Andere fragt: „Fand ich das wirklich mal gut?“. Dazu fehlt beim Dog Eat Dog–Streifen ein wichtiger Darsteller. Das Saxophon, das der Band damals unter den Crossover-Bands eine herausragende Stellung einbrachte, ist aus dem Band-Stamm geflogen und macht sich bei der Live-Umsetzung alter Klassiker bitter bemerkbar. „Who“s the king?“ verliert ohne das charakteristische Fill des Blechbläsers grundlegend an Wert, bewährt sich aber durch das permanente Anheizen von Sänger John Connor doch als Party-Garant beim Publikum. Auch bei „No fronts“ ist der Laden in Bewegung und Brandon Jay Finley darf sich am Schlagzeug richtig verausgaben. Doch auch Songs wie „M.I.L.F.“ und „More beer“ haben sich ins Set gemogelt. Durch die malz- und hopfenhaltige Flüssig-Bestechung an die ersten Reihen, wird das Publikum gefügig gemacht und bald singen alle brav mit: „All I want is more beer!“.
Mit „In the doghouse“ und „Dog eat dog“ findet die Band schließlich wieder zurück zu ihrem Erstling „All boro kings“. Noch einmal rumpelt es kräftig und die Kiste wird wie ein Cocktailshaker ordentlich durchgeschüttelt.
Manchmal wirken Dog Eat Dog wie Steinzeit-Hunde, denen man vergessen hat zu sagen, dass ihre Zeit abgelaufen ist. Einigen fällt dann auf, dass sie nicht in diese Zeit passen. Andere freuen sich, dass die Band wie in alten Zeiten für Schweißbäder und Pogo-Tanz sorgt.
Christoph Henkel
Christoph Henkel
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