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Kultur: „Ich bin auf alles gefasst“

Michael Sanderling dirigiert Kammerakademie und Amateure

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Michael Sanderling dirigiert Kammerakademie und Amateure Er wurde mit 18 Jahren Solocellist des Gewandhausorchesters Leipzig unter Kurt Masur, mit 25 Jahren Professor an der Musikhochschule Hanns Eisler in Berlin, gewann zahlreiche Preise und gilt als einer der besten Cellisten der Gegenwart. Seit drei Jahren hat er auch das Dirigieren für sich entdeckt - anders als beim Cello ist er damit nicht der Einzige in seiner Familie. Michael Sanderling, jüngster Sohn des berühmten Dirigenten Kurt Sanderling, tritt heute im Nikolaisaal um 15 Uhr erstmals als Cellist und als Dirigent mit der Kammerakademie Potsdam und Laienmusikern auf. Mit jungenhaftem Charme und viel Humor beantwortet der hochgewachsene 36jährige, dessen zwei ältere Brüder als Dirigenten weltweit arbeiten, die Fragen der Potsdamer Neuesten Nachrichten. Sind Sie eher Cellist oder Dirigent ? Ich bin überhaupt eigentlich Cellist und erst seit kurzer Zeit Dirigent. Wie kam es, dass Sie Ihre sichere Orchester-Stelle aufgegeben haben? Ich habe damals das Gefühl gehabt - mit 22 Jahren -, dass ich noch irgendwie eine Herausforderung haben möchte. Als Solocellist des Gewandhausorchesters sitzt man fest im Sattel und die nächsten vierzig Jahre hätten so weitergehen können. Das war mir nicht ganz geheuer. Nach den Wettbewerben hatte ich relativ viele Angebote, solistisch zu spielen. Etwas vorschnell vielleicht, mit jugendlichem Eifer, habe ich gesagt, ich lasse das. Der Zufall wollte es, dass ich drei Monate später das Angebot bekam, als Professor an die Musikhochschule Hanns Eisler zu gehen. Nach fünf Jahren dort wechselten Sie an die Musikhochschule in Frankfurt/Main. Aber wie sind Sie zum Dirigieren gekommen? Das mit dem Dirigieren hat sich so ergeben. Es war ein großer Zufall und nicht unbedingt geplant. Ich hatte mich bereit erklärt, für das Kammerorchester Berlin eine Einstudierung zu übernehmen und bemerkt, dass man als Cellist dabei schlechte Karten hat - man hat nie das Thema und man fängt nie an - am Abend muss das der Konzertmeister übernehmen oder ein Dirigent. So kam es, dass ich dann das Orchester als Dirigent geleitet habe. Es hat mir Spaß gemacht, manch anderem auch und so ist daraus mehr geworden. Ich habe nie Dirigieren studiert - es war der Virus der Familie. Bitte, sagen Sie ein paar Worte zum Programm des heutigen Konzerts. Wir haben eine bunte Mischung. Dieses Programm hat keinen großen Bogen, es bietet von allem etwas - und das muss nichts Schlechtes sein. Die Londoner Sinfonie Nr. 104 von Josef Haydn ist die letzte Sinfonie, die er geschrieben hat, schon mit einer Todesahnung, ein selten ernstes Werk, auch Dudelsacksinfonie genannt. Es ist eine ausgewachsene Sinfonie in vier Sätzen in Beethoven“schem oder spätmozartischem Format - der Rest muss gehört werden.“ Als Solist spielen Sie heute sowohl Stücke von Victor Herbert, aber auch das berühmte Adagio für Cello und Streichorchester „Kol nidrei“ von Max Bruch. Victor Herbert ist ein Amerikaner, auch ein Cellist, seine Werke sind ein bisschen auf der Unterhaltungsebene gelandet, nicht nur, aber die drei Stücke, die wir spielen, sind Unterhaltung. „Kol nidrei“ ist dagegen ganz ernste Musik. Das letzte Stück des Konzerts, die Dornröschen-Suite von Peter Tschaikowski, wird die Kammerakademie Potsdam mit Musikschülern und Amateuren musizieren. Wie finden Sie die Idee mit Laienmusikern zusammen zu arbeiten ? Sehr spannend. Ich weiß so recht , was mich da erwartet, ich bin auf alles gefasst, von der Grundidee ist es sehr schön , dass man auf der einen Seite auf die Laienmusiker zugeht - ihnen die Chance gibt, festzustellen, wie groß der Unterschied ist zwischen dem, was man so euphorisch vom Musikerbild hält und was da real tatsächlich so stattfindet: dass da sehr viel mit Disziplin und Arbeit verbunden ist und nicht nur mit Vergnügen natürlich auch. Haben Sie die Dornröschen-Suite ausgesucht ? Ich glaube, ja. Interessant bei Dornröschen von Tschaikowski ist, dass es nichts mit der Grimm“ schen Fassung zu tun hat, sondern dem Sujet liegt das französische Original von Charles Perrault zugrunde. Da kommt zum Beispiel der gestiefelte Kater vor. Wir machen die kleinere, fünfsätzige Suite, natürlich mit allen Highlights. Das Gespräch führte Babette Kaiserkern.

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