Kultur: „Ich bin übrigens Single“
Die „Improlovers“ im KuZe
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Die unendliche Geschichte: Das Thema Beziehungen erweist sich immer wieder hartnäckig als Zuschauermagnet im komödiantischen Bereich. Eine wahre Fundgrube neuer Erkenntnisse wurde anscheinend am Donnerstagabend erwartet, denn im Theatersaal des Kulturzentrums KuZe saßen nicht nur Pärchen, als wieder einmal Improvisationstheater auf dem Programm stand.
Gleich am Eingang wurde man dazu aufgefordert, einen kleinen zusammengefalteten Zettel zu ziehen und aufzubewahren, auf welchem ein Beziehungsratschlag stand. Sollte man ihn aufmachen und lesen? Im Publikum war man unsicher. Aber von „nicht lesen“ hatte der doch gar nichts gesagt! Also war man ruck-zuck dabei, die Ratschläge untereinander auszutauschen. „Wiederholen Sie erst, was der andere gesagt hat, bevor Sie Ihren Standpunkt vortragen!“, stand zum Beispiel auf meinem Zettel. Eine Paartherapie hing dräuend in der Atmosphäre des Theatersaals.
Ein bisschen zu präsent enterte Moderationsclown Michèl Keller dann die Bühne. Der Psychotherapeut und Kommunikationstrainer zappelte sich durch den Abend, als würde er sich selbst karikieren. Das konnte witzig sein, gipfelte aber oft in einer gewissen Distanzlosigkeit, und der Running Gag „Ich bin übrigens Single“ wurde im Laufe des Abends bis zum Erbrechen wiederholt. Wenn man für den ewig gleichen Witz Augenrollen statt Lachen erntet, sollte man ihn vielleicht einstellen. Als Vorzeigepärchen dienten Thomas Monn und Uta Zech, welche die Stufen einer Beziehung in einem Schnelldurchlauf improvisieren sollten – und das auch ganz souverän hinbekamen. Dass Zech eine vitale schornsteinfegende Pfälzerin wurde und Monn ein lethargisches blumenpflückendes Nordlicht, war ganz gewiss von Anfang an beabsichtigt oder ließ zumindest gar keine andere Wahl zu.
Die Ideen waren gut und die Beteiligten auch schlagfertig, trotzdem kam der Karren immer nur stockend ins Rollen. Vielleicht war der Moderator auch ein wenig zu omnipräsent, sodass sich die Szenerie nicht wirklich entwickeln konnte. Man schaute zu, äußerte den einen oder anderen Lacher, traue sich gar ab und an einen Zwischenruf zu – aber irgendwie schien es dem Konzept ein bisschen an Herzblut zu mangeln. Ohne Zweifel gut gemacht, aber die für ein Improvisationstheater essenziellen zündenden Ideen wollten sich einfach nicht sehen lassen. So war es auch nach der Pause deutlich leerer im vorher vollbesetzten Saal, in dem Michèl Keller immer noch verzweifelt den „Ich bin übrigens Single“-Spruch an die Frau zu bringen versuchte.
Schade eigentlich, denn „Claudia“ und „Torsten“ spielten sich immer besser ein. Die ehrlichsten Lacher erhielten sie ohnehin, wenn sie sich etwas trauten. Das Paar war schließlich auf dem absteigenden Ast und fand sich in einer Paartherapie wieder, welche den großen Showdown einleiten sollte. Per Applaus wurde entschieden, ob das Paar weiterhin eine gemeinsame Zukunft haben dürfe. Durften sie auch.
Was blieb, war ein Improvisationstheaterabend mit dem eindeutigen Prädikat „Okay“. Man war natürlich nicht schlauer beim Thema Beziehungen als vorher, fühle sich aber nett unterhalten und so gingen die Pärchen zu zweit und die Singles allein ihres Weges. Ich bin übrigens Single. Oliver Dietrich
Oliver Dietrich
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