Kultur: „Ich jage Klänge“
Asia Waluszko ist Teil des Performance-Projektes Ricz Man, das am Freitag im nachtboulevard ist
Stand:
Frau Waluszko, Sie spielen am Freitag mit Ricz Man im nachtboulevard im Hans Otto Theater. Ist „Ricz Man“, das ja so ähnlich klingt wie „rich“, das englische Wort für reich, ein Wortspiel?
Ja, das Projekt ist so aufgebaut, dass verschiedene Künstler dazukommen, die schon einen eigenen Reichtum haben. Und dieser Reichtum soll ausgetauscht werden.
Der Kern des Projektes besteht aus drei Künstlern, aber Sie sind offen für andere?
Am Freitag kommen noch zwölf Künstler dazu, die uns interaktiv unterstützen. Es geht darum, mit Musik, Video und Bildern eine Illusion aufzubauen, eine Synthese. Das ist wie Theater, nur lebendiger.
Das ist aber schon auf Potsdam bezogen?
Wir haben zumindest in Potsdam angefangen, auch wenn wir eine internationale Gruppe sind: Ich bin Polin, einer ist aus Ungarn, aber viele sind von hier.
Wie kommen Sie zu den anderen Künstlern? Sprechen Sie die an?
Genau, wir sprechen sie an, manche kommen auch zu uns und sagen, dass sie unsere Performance sehr berührt hat. Wir haben zum Beispiel im vergangenen Frühjahr ein Musikvideo gedreht mit den Künstlern aus der Alten Brauerei. Am 21. März, dem Frühlingsanfang, haben wir uns an dieser hässlichen Kreuzung mit der Imbissbude getroffen und dort ein Live-Musikvideo gedreht.
Sie sind für die Musik verantwortlich. Wie klingt die?
Ich arbeite mit verschiedenen Synthesizern. Dazu sammle ich Klänge, die dann gesampelt werden.
Wie kann man sich das vorstellen?
Ich laufe durch die Stadt und jage Klänge. Aus diesen Klängen entsteht dann die Musik.
Was findet man für Klänge in Potsdam?
Es gibt einen Song namens „Traktor“. Der fängt mit Wassertropfen an, dann mixe ich dazu Geräusche, die unter einer Brücke aufgenommen wurden, und Motorengeräusche. Dann kommt ein Beat drunter. Das ist Musik, die zu tanzbaren Rhythmen gesampelt wird.
Und die Videoinstallationen ergänzen das dann?
Ja, die Synthese von Bild und Ton – das ist eben unserer Reichtum, dass wir die Ideen haben und sie bündeln können.
Dazu kommen auch noch schauspielerische Elemente?
Ich werde, als eine Art Medium, verschiedene Gefühle interpretieren. Das beginnt in einer sehr formalistischen Welt, aber die Hauptperson wird sich auflösen und zu eigenen Gefühlen kommen. Die sind universell. Es geht auch um die Diktaturen der äußeren Welt.
Welche Diktaturen sind das?
Die Diktatur der Mode, die Diktatur der Fitness, der Ernährung – der Mensch ist ja immer durch irgendetwas gesteuert. Dann kommt er an einen Punkt, an dem sich eine Transformation von äußerer zu innerer Welt und zurück vollzieht.
Wollen Sie die Leute belehren?
Nein, wir machen das für uns selbst. Wir setzen uns dieser Transformation auch aus, gehen diesen Weg ganz bewusst. Alles, unsere Musik, unsere Videos, reduzieren sich im Laufe der Performance immer weiter, bis der Mensch am Ende neu geboren wird.
Sie proben ja im Keller des Nachbarschaftshauses in der Straße Am Kanal und haben dort auch ein Konzert gegeben. Hat dieser Ort einen Einfluss auf Ihre Arbeit?
Klar, wir haben beim letzten Konzert die Fenster mit Buttermilch bestrichen, damit eine Projektionsfläche nach außen entsteht. Dann haben wir beschlossen, das abzuwaschen, um die Stadt sehen zu können, ob sich dort etwas geändert hat.
Hat sich etwas geändert?
Nein. Wir haben die Scheiben abgewischt – und die Stadt war immer noch dieselbe. Aber wir selbst können uns ändern. Wir können reicher werden.
Das Gespräch führte Oliver Dietrich
Ricz Man am Freitag, 6. August, um 22 Uhr im nachtboulevard in der Reithalle, Schiffbauergasse.
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