Kultur: „Ich mache meine Bilder und das ist es“ Armando malte drei Wochen im Kunsthaus
Im Atelier des Kunsthauses Potsdam liegen ausgedrückte Farbtuben, ehemals blaue Handschuhe, die jetzt schwarz eingefärbt sind und die Pinsel, die der Künstler „Bürsten“ nennt, stehen im Eimer mit dem Lösungsmittel. Alles riecht nach Ölfarbe, die Bilder sind frisch, die Arbeit getan.
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Im Atelier des Kunsthauses Potsdam liegen ausgedrückte Farbtuben, ehemals blaue Handschuhe, die jetzt schwarz eingefärbt sind und die Pinsel, die der Künstler „Bürsten“ nennt, stehen im Eimer mit dem Lösungsmittel. Alles riecht nach Ölfarbe, die Bilder sind frisch, die Arbeit getan.
Es ist der letzte Tag des Potsdam-Aufenthaltes. Der Künstler signiert seien Bilder. In seiner Großbuchstabenschrift erscheint schwarz ARMANDO auf den gelblichen Leisten. Danach sind die sechzehn Bilder, meist großformatige Landschaften, Bäume und Wolkenformationen „fertig“. Allerdings müssen sie, wie ein guter Wein, ein wenig ruhen: Gezeigt werden sie im Februar 2009 – ebenfalls im Kunsthaus Potsdam, das den holländischen Künstler Armando eingeladen hatte, hier drei Wochen des Sommers zu verbringen.
Zu Potsdam hat der Künstler eine sehr enge Beziehung, seit er nach der Wende zum ersten Mal hier gewesen ist. „Es ist unglaublich, was da passiert ist“, sagt er mit dem sympathischen holländischen Akzent und erinnert sich auch gerne an die erste Ausstellung des Kunsthauses Potsdam im Jahr 2002, die eine Schau seines Schaffens zeigte. Potsdam sei ihm inzwischen lieber als Amsterdam und näher als Amersfoort, das für ihn sehr wichtig gewesen ist und ihm auch ein eigenes Museum eingerichtet hat. Allerdings sind die Bilder im letzten Oktober mit dem Museum verbrannt – ein Verlust, den Armando scheinbar gelassen trägt. „Ich habe 30 Arbeiten verloren“, sagt er.
Es ist schwer, ihn zu ergründen. Wenn er zum Beispiel mit einem klitzekleinen Lächeln in den Augen sagt, dass er nicht wisse, weshalb er male, aber wisse, dass er sehr gut male, dann klingt das erstaunlich glaubwürdig. „Das darf ich doch sagen“, bittet er nachträglich um Erlaubnis, und schaut auf sein Leben zurück. Seit er fünfzehn war, hat er Geige gespielt, für die Amerikaner und Kanadier, die in Amersfoort stationiert waren, aber „mit 19 habe ich wieder angefangen, blöde zu malen“. „Blöde“, erklärt er auf Nachfrage, „weil Malen unnütz ist.“ Etwas zu tun, das niemand braucht in einer Welt des totalen Nutzens, sei blöde, aber gerade deshalb mag er es auch.
Seinen Schaffensprozess könne er nicht erklären, sagt er und zeigt auf die Bilder, als ob sie sprechen können. Froh ist er, dass „etwas kommt“, und „glücklicherweise kommt immer was“. Tatsächlich ist da was gekommen: Die „roten Bäume“ strecken ihre glutroten Stämme in einen weitgehend grauschwarzen Himmel. Die Farbe ist so pastos aufgetragen, dass man meint, durch Bohren (und seien es bohrende Fragen) den Grund des flammenden Loderns entdecken zu können. Grauschwarz ist der Untergrund des „roten Denkmals“, auf dem sich drei Quader monumental behaupten. „Das Rot ist wieder gekommen“, sagt Armando, als ob es sich um das Werk von jemand anderem handele, „Blau habe ich nicht viel benutzt“, erklärt er und steht vor einem blau-grau-weißen Wolkengebilde.
1929 wurde Armando unter dem bürgerlichen Namen Hermann Dirk van Dodeweerd in Amsterdam geboren. „Meist male ich schwarz-weiß oder schwarz und rot“. Vielleicht liegt das daran, dass der Künstler erst ab seinem 50. Lebensjahr von der Malerei leben konnte und vorher im Hafen von Amsterdam arbeitete. Schwarz waren da die Schiffsrümpfe, rot und glühend die Leidenschaft der Matrosen – doch diese Interpretation ist nur romantisch-verklärt, wenn man weiß, dass Armando Krieg, KZ und Vernichtung von Leben aus nächster Nähe in Amersfoort erlebte. Eindrücke, die in seiner Kunst nachhallen. Vielleicht deshalb auch die Entscheidung für die Ölfarbe: „Acryl passt mir nicht, es muss ein bisschen mühsam sein.“ Er habe schon als Kind gewusst, dass er Künstler werden würde und habe außer dem Geigenspiel nichts in seinem Leben gelernt.
Die Unlogik dieser Aussage lässt der 78-Jährige gerne im Raum stehen und kommt ins Schwärmen: „Für mich hat die Musik auch etwas mit Malerei zu tun“, sagt er – und bringt den Gesprächspartner dazu, die Bilder neu zu betrachten ...
Lore Bardens
Lore Bardens
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