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Kultur: „Ich merke mich nur im Chaos“ Jutta Hoffmann liest Thomas Brasch bei Wist

Mit einem 80 Seiten umfassenden Destillat brach Thomas Brasch sein Schweigen. Nach zehn Jahren schriftstellerischer Stille erschien 1999 „Mädchenmörder Brunke“, die Geschichte des Architekten D.

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Mit einem 80 Seiten umfassenden Destillat brach Thomas Brasch sein Schweigen. Nach zehn Jahren schriftstellerischer Stille erschien 1999 „Mädchenmörder Brunke“, die Geschichte des Architekten D.H., der sich daran machte, einen Justizskandal aufzudecken und die „Liebesmaschine“ von Brunke nachzubauen. Eine surrealistische Erzählung, angeblich aus einem mehrere Tausend Seiten umfassenden Manuskript entstanden, die gnadenlos um das Scheitern kreist. „Mädchenmörder Brunke“ sorgte für eine Wiederbesinnung auf den Schriftsteller und Dramatiker, Drehbuchautor und Übersetzer, Regisseur und Lyriker Thomas Brasch. Mehrere Theaterstücke von ihm wurden uraufgeführt. Doch viel Zeit blieb Brasch nicht mehr. Anfang November 2001 starb Thomas Brasch im Alter von 56 Jahren an Herzversagen.

Die Potsdamer Schauspielerin Jutta Hoffmann kannte Thomas Brasch persönlich, hat in einigen von Brasch übersetzten Stücken gespielt. Am heutigen Donnerstag ist Jutta Hoffmann im Literaturladen Wist zu Gast, um Gedichte, Prosa und Biografisches von Thomas Brasch zu lesen.

„Ich merke mich nur im Chaos“, hat Thomas Brasch einmal über sich gesagt. Das Unangepasste, aus dem sich oft genug das Chaotische ergibt, durchzog das Leben von Thomas Brasch wie der berüchtigte rote Faden. Vielleicht war es die Zeit in einer Kadettenschule der Nationalen Volksarmee der DDR, in die Thomas Brasch als Neunjähriger gezwungen wurde, die seinen Widerstand geprägt hat. 1968, nachdem er Flugblätter gegen die Militärintervention in die Tschechoslowakei verteilt hatte und von seinem eigenen Vater an die Polizei verraten wurde, kam er ins Gefängnis. Brasch schrieb weiter seine unbequemen Stücke, auch wenn sie verboten oder gar nicht erst aufgeführt wurden. 1976 dann die Ausreise in die BRD, zusammen mit der Schauspielerin Katharina Thalbach, die bis zu seinem Tod die Frau an seiner Seite war. Die Wende von 89 erschütterte ihn zutiefst. Nach außen hin verstummte er, nur nicht im Schreiben: „So lief ich durch das Finster / in meinem Schädelhaus / da weint er und da grinst er / und kann nicht mehr heraus.“ D.B.

Jutta Hoffmann liest Thomas Brasch am heutigen Donnerstag, 20 Uhr, im Literaturladen Wist, Brandenburger/Ecke Dortustraße. Der Eintritt kostet 5 Euro. Kartenreservierung unter Tel.: (0331) 28 00 452

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