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Ging nach Chicago. Dort wurde Malgorzata Babiarz zur Sängerin Megitza.

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Kultur: Ihr Leben in Liedern

Megitza in der Reihe „The Voice in Concert“

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Wenn eine Polin aus Chicago Roma-Volksweisen einen Jazz-Anstrich verpasst, dann ist man schon genau da, wo man es erwartet hat: mitten im Zentrum der Weltmusik. So geschehen am Freitag, als die Kontrabassistin und Sängerin Megitza im Nikolaisaal in der Reihe „The Voice in Concert“ ein Konzert gab. Megitzas Sujet ist das Reisen, und so findet sich ihre Biografie auch immer als Spiegelbild ihrer Lieder. Aufgewachsen ist sie als Malgorzata Babiarz im polnischen Zakopane, „inmitten von Pferden und Kühen“. Irgendwann reicht der jungen Frau die beschriebene Freiheit aus den Büchern nicht mehr, die sie liest – mit 16 Jahren hat sie genug angespart, um sich in ein Flugzeug zu setzen und nach Chicago zu fliegen, wo sie Jazzsängerin wird. Einfach so. Dinge können so unglaublich einfach sein.

Diese Ruhe- und Ortslosigkeit hat Megitza aufgesaugt und in Lieder verwandelt, die ein Konglomerat traditioneller Weisen mit fluffigen Jazzrhythmen geworden sind. Das Weltmusikalische haftet ihr vom ersten Takt an, Verschmelzungen von orientalischen und südamerikanischen Elementen, die sie mit fordernden Augenaufschlag und angenehmer Stimme unterstreicht. Als Tanzpartner hält sie ihren Kontrabass fest umklammert, als wäre dieser der einzige Begleiter, dem sie sich treu ergeben kann. In trauter Zweisamkeit entlockt sie ihm passende Töne: fordernd, schwelgerisch, und immer auch in der Tragik der osteuropäischen Musik.

Mag sein, dass Megitzas Stimme gut zur Musik passt, ohne dass sie besonders markant oder gar fesselnd wirkt. Aber sie braucht auch nicht viel: Die Band, die bis auf den griechisch-amerikanischen Gitarristen aus polnischen Musikern besteht, weiß sich mit Exzellenz und Bescheidenheit in Szene zu setzen – Schlagzeug, Orgel, Gitarre und Trompete schaffen einen angenehm jazzigen Teppich, auf dem es sich gut wandeln lässt. Und doch lassen sich Megitza und die Band Zeit, um richtig in Fahrt zu kommen: Bis zur Pause wurde geschmolzen und gelitten, ohne dass leidenschaftliches Feuer aufkam. Megitzas eigentliche Show kam erst danach.

Das melancholische Geplänkel verpuffte, als die Band zum Endspurt ansetzte: Es wurde sehr polnisch im Text, und sehr balkanlastig in der Musik – und genau das war das Ass, das fast unerwartet aus dem Ärmel gezaubert wurde. Und noch ein Highlight: Gitarrist Andreas Kapsalis spielte eine Eigenkomposition, in dem sich alles vereinte, was man mit einer Gitarre anstellen konnte: Flamenco, Percussion, ein Zusammenspiel, als hätte er vier Hände. Der Applaus, den er dafür einstrich, war der Band zu keinem Zeitpunkt vergönnt. Die war aber nicht mehr zu bremsen: „Magdalena“ geriet zum Balkan-Feuerwerk, wie es besser nicht ging. Schade, dass dafür eine so lange Anlaufzeit benötigt wurde. Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

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