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Kultur: Im Garten von Augusta
Die Höfischen Festspiele: Premiere von „Die Königin von Babylon“ im Babelsberger Park
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Wer den Babelsberger Park besucht, verweilt meistens auf der Schokoladenseite. Schließlich ist allein der Blick über den Park und die Havel hin zur Glienicker Brücke ein Genuss, bei dem es außerdem viel über die jüngste Geschichte zu erzählen gibt. Was sich in den hinteren Teilen des weitläufigen Parks verbirgt, kommt oft zu kurz. Dabei gibt es gerade dort so viel zu entdecken.
Das neue Programm der Höfischen Festspiele, das am Himmelfahrtstag Premiere hatte, präsentiert nicht nur eher unbekannte Orte, sondern gibt dazu Einblicke in die Welt der ersten Schlossbewohnerin. „Die Königin von Babylon“ heißt der musikalisch-literarische Streifzug auf den Spuren von Kaiserin Augusta durch den Park Babelsberg. Ein gut eineinhalbstündiger Spazierweg führt zu vielen lauschigen Orten mit teilweise reizvollen Ausblicken auf die Stadt. Vom Michaelsdenkmal geht es über die Fürstenhöhe zum Schwarzen Meer, von dort zur Friedrich-Wilhelms-Höhe und über die Siegessäule und die Feldherrenbank zum Augustablick.
Zwar gab Kaspar von Erffa, Leiter und Spiritus rector der Höfischen Festspiele, dazu nur geringe Erklärungen, aber das war wohl nicht der Schwerpunkt des beschaulichen Unternehmens. Dennoch hätte man gerne etwas mehr erfahren, beispielsweise zum Michaelsdenkmal mit seiner erzkonservativen, antirevolutionären Darstellung. Die Dramaturgie folgt schlicht dem Lebensweg von Augusta, der zweiten Tochter des Großherzogs Carl Friedrich und der Großfürstin Maria Pawlowna Romanowa. Aufgewachsen im vergleichsweise liberalen Weimar, wo als erstem deutschen Land bereits 1816 eine Verfassung verabschiedet worden war, heiratete sie achtzehnjährig den vierzehn Jahre älteren preußischen Prinzen Wilhelm. Nur wenige Jahre danach, 1833, begann dieser mit dem Bau des Schlosses und des Parks Babelsberg, auf deren Gestaltung die resolute Augusta nachhaltigen Einfluss nahm – und oftmals sogar die Pläne von Friedrich Schinkel, Ludwig Persius und Peter Joseph Lenné umwarf. Fast zwanzig Jahre lang blieb Babelsberg der geschätzte Sommersitz von Augusta und ihren beiden Kindern.
Am Michaelsdenkmal werden die Besucher von einem lebenden Bild erwartet. Kammersängerin Gabriele Näther, schwarz im Kostüm à la Kaiserin-Witwe gekleidet, mit schwarzem Sonnenschirmchen, sitzt malerisch versunken mit abgewendetem Blick auf dem Brunnenrand. Schauspieler Dominik Stein in braunem Gehrock, weißem Hemd mit wallenden Jabots und schwarzem Zylinder steht ihr zur Seite. Ergänzt wird das Bild von Frank Riedel, der den Hofgitarristen würdig verkörpert. Mit wandlungsfähiger Stimme liest Dominik Stein Texte verschiedener Art, etwa von der Taufe der kleinen Augusta, als eine Kammerfrau sogleich feststellte: „Es schaut so vornehm, das Kind“. Auch das Gedicht von Goethe – er pflegte noch als alter Herr Umgang mit der Weimarer Herzogsfamilie – zum neunten Geburtstag der Kleinen fehlt nicht. Über die gegenseitige Einschätzung des zukünftigen Ehepaars erfährt man einiges aus ihren recht offenherzigen Briefen an dritte Personen. Ein längerer des Kronprinzen schildert detailliert die langwierige und nicht unkomplizierte Geburt des Thronfolgers. Vom Privaten geht es in die Öffentlichkeit, die Politik zumal. Da kommt die Märzrevolution zur Sprache, die das Prinzen-Paar zur Flucht auf die Pfaueninsel zwang, wo sie beim Hofgärtner Zuflucht fanden. Natürlich fehlt das gespannte Verhältnis zwischen Reichskanzler Otto von Bismarck und Augusta nicht, die erst zuletzt in einem noblen Brief ihre Abneigung zurücknahm. Augustas Grabspruch und eine Lobrede auf ihr wohltätiges Tun auf dem Gebiet der Krankenpflege von Rudolf Virchow ergänzen das insgesamt recht facettenreiche Bild, das von der ersten deutschen Kaiserin gezeichnet wird. Zum stimmig entworfenen Ambiente aus Romantik, Biedermeier und aufkommendem Nationalgefühl tragen Musikstücke bei, wie „Der König von Thule“, das Loblied auf die Standhaftigkeit und die deutsche Eiche „Frei und unerschütterlich“ oder „Der alte Barbarossa“. Nicht erst hier weiß die Potsdamer Sängerin Gabriele Näther mit dem goldenen Timbre ihrer geschmeidigen Stimme jedem Lied den rechten Wohlklang zu verleihen. Drei Lieder von Felix Mendelssohn runden die historistische, ebenso gelehrsame wie unterhaltende Soiree glücklich ab. Spätestens von jetzt an sind Babelsberg und Augusta ein unzertrennliches Paar.
Wieder am Sonntag, 17. Juli, 14 Uhr. Vorbestellung unter Tel. (0331) 271 30 68
Babette Kaiserkern
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