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Kultur: Im Grünen

Improvisationskunst bei „Jazz in the garden“

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Flötentöne werden durch die samstagabendliche Nachtluft im Neuen Garten getragen und sind vielleicht das verbindene Element zu Friedrich II. und seiner Zeit, dem die diesjährigen Musikfestspiele gewidmet sind. Der Kies knirscht unter den Füßen, die Luft ist feucht und immer noch mild, die vom Regen an diesem Tag mehr als großzügig bedachten Bäume und Sträucher verströmen einen beeindruckend intensiven Duft. Die Alleestraße liegt beinahe verlassen da, die Stuhlformation, vor der noch zwei Stunden zuvor die Berliner Akkordeonistin Cathrin Pfeifer im Rahmen von „Jazz in the Garden“, dem „Open Air im sommerlich erleuchteten Neuen Garten“ aus ihrem umfangreichen Repertoire gespielt hatte, ist verwaist.

Nur wenige Schritte entfernt, auf der Terrasse des Marmorpalais, ein ganz anderes Bild: Auf der großen Bühne, die die Musiker vor dem Regen schützen sollte, der dann Gott sei Dank doch all seine Energien aufgebraucht hatte und einem faszinierenden Wolkenspiel aus blauen, grauen und lilanen Tönen Platz machte, begeistert die junge Formation Spark, die mit ihrer unkonventionellen Kleidung eher an eine Rockband als an eine Jazzgruppe erinnert. Auch ihr Programm ist so wenig vorhersehbar, so verspielt, so neugierig und so Crossover, dass sogar das überwiegend gesetzte Publikum sich dem Charme der fünf jungen Musiker, die auf Cello, Viola, diversen Flöten, Klavier und mit Gesang agieren, nicht entziehen kann. Ein Repertoire, das von Klassik über Jazz bis zum Tango reicht, elegante Instrumentenwechsel, hinreißend komische Duelle zwischen zweimal Saite und vierhändigem Klavier.

Auf dem Vorplatz zum Marmorpalais erstaunt Alexander Finck mit seinen „Keyboard Playmats“, drei robusten Stücken Plane, auf denen jeweils eine Keyboardtastatur aufgedruckt ist, die sich als spielbar entpuppen. Und so hüpft der junge Musiker auf der Tastatur herum und improvisiert mit Hilfe jeweils eines Gastes aus dem Publikum kleine Melodien. Diese Kombination aus geistigem und sportlichem Genuss ist so faszinierend, dass man beinahe die schönen Sitzgruppen im Hintergrund übersieht, die von Stehlampen erleuchtet werden und zum Verweilen einladen. Doch ist das Programm an diesem Abend zu abwechslungsreich, als dass man hier zu lange verweilen möchte.

Im Pflanzensaal der Orangerie, der mit locker verteilten Sitzgruppen und einem Farbwechselspiel der Beleuchtung in immer neue Stimmungen getaucht wird, sorgt das Trio Sarabanda, dessen Pianist Francesco Turrisi mit Christina Pluhars weltberühmter Improvisationsgruppe L’Arpeggiata tourt, für einen entspannten Ausklang des Abends. Das eher klassische Jazztrio, bestehend aus Schlagzeug, Kontrabass und Klavier, genießt die Akustik des schönen hohen Raumes, entwickelt gemeinsam einen mal hypnotischen, mal unruhigen Klangteppich und zeigt wieder einen Kontrast auf. Im angrenzenden linken Flügel der Orangerie, der ganz anders wirkt mit seiner dunklen Holzvertäfelung, hatte vorher das niederländische Akkordeonduo Toeac gespielt und mit seiner bildhaften, mal sanften, mal tänzelnden, dramatischen oder schrillen Spielweise deutlich gemacht, wie viel Interpretationsspielraum die Macher die Organisatoren von „Jazz in the Garden“ den Musikern an diesem Abend gaben. Kompliment! Andrea Schneider

Andrea Schneider

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