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Kultur: Im inneren Kreis gefangen

Das Nitka-Festival sollte Menschen vernetzen – das Ziel wurde nicht erreicht

Von Sarah Kugler

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Körper schlängeln sich auf dem Bühnenboden. Erst nur auf dem Rücken oder Bauch, dann kommen sie auf die Füße, strecken die Arme in die Höhe. Finden irgendwann andere Arme, lassen sich treiben in einem Rhythmus aus stampfenden Füßen, geschlagenen Klaviertasten und gezupften Gitarrenseiten. Die Jamsession, die am vergangenen Samstagabend im Rahmen des Nitka-Festivals für zeitgenössische polnische und deutsche Kunst auf der Bühne der Potsdamer fabrik stattfand, war wohl das, was als Quintessenz des Festivals bezeichnet werden kann. Hier kamen fast alle beteiligten Künstler zusammen und ließen sich gemeinsam von einer Improvisation aus Musik sowie Tanz treiben. Dabei entstand eine zarte erste Verbindung, die noch am konkretesten als sphärisch bezeichnet werden kann. Es bildete sich ein eigener Kosmos auf der Bühne, in den die Zuschauer zwar jederzeit hätten einbrechen können, sich allerdings nicht so richtig trauten.

Dabei hätte sich Joanna Waluszko, eine der Initiatorinnen des Festivals, das so sehr gewünscht, platzierte die Besucher auch gleich mit auf dem Bühnenboden anstatt im Zuschauerraum. Schließlich sei es von Anfang an das Ziel gewesen, Menschen auf dem Festival zu vernetzen, wie sie am Samstag in einer Podiumsdiskussion erklärte, die der Session vorausging. Gerade die verschiedenen Künstler sollten sich untereinander kennenlernen und im besten Fall ihre Künste miteinander verbinden. Dass das allerdings bei einem dreitägigen Festival wie dem Nitka-Fest nicht so einfach umsetzbar ist, zeigte sich in der Diskussion mit den Künstlern sehr schnell. Einige sind dabei erst am zweiten Tag angereist, wieder andere, wie etwa die Malerin Agnieszka Korejba seien es hingegen gewohnt, alleine zu arbeiten und täten sich schwer damit, ihren Arbeitsprozess zu teilen. Allgemein wünschen sich die Künstler eine ausgiebigere Kennenlernzeit, vielleicht in einer internen Workshop-Woche. Fast etwas zu intern erscheint auch schon die Podiumsdiskussion am Samstag, zu der neben den verschiedenen Künstlern nur eine Handvoll externe Besucher gekommen ist. Somit bleibt die Diskussion im inneren Kreis, dreht sich nicht um Diskurse in der Kunst, sondern eher um festivalinterne Fragen. Joanna Waluszko macht auch gar keinen Hehl daraus, dass sie die Veranstaltung von Anfang an als Zusammentreffen der Künstler angelegt habe, die Bezeichnung „Podiumsdiskussion“ eigentlich zu hochgegriffen sei. Das ist natürlich alles schön und gut, schließlich findet das Festival in seiner Form zum ersten Mal statt, braucht also noch Zeit, um sich zu finden. Auch die immer wieder verspätet stattfindenden Veranstaltungen können verziehen werden, doch es bleibt die Frage, was das Publikum nun daraus mitnehmen kann.

Sicherlich, Tanz-Performances, wie im Eröffnungsstück „Insight“ von Janusz Orlik und Joanna Lesnierowska, die Kurzfilmvorführungen „Short Waves“ oder das Kindertheater bieten zahlreiche interessante Anlaufpunkte für Besucher. Und natürlich werden dabei im besten Fall Verbindungen zwischen Publikum und Kunst geschaffen. Doch von einer Vernetzung der Künstler ist am Samstag – zumindest für den Zuschauer – noch wenig zu spüren. Auch wenn die Jamsession sie alle zusammenbringt und einzelne Akteure immer wieder im Tanz verbindet, bleibt es doch ihre Welt, ihr Kosmos. Ob damit das Ziel des Festivals erreicht ist, bleibt die Frage. Sarah Kugler

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