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Das Lächeln der schwarzen Witwe. Die Sängerin Erika Stucky.

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Kultur: Im Netz der schwarzen Witwe

Erika Stuckys Auftritt in der Waschhaus-Arena zwischen schweizerischem Jodelgesang und Voodoo-Beschwörungen

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Langsam spinnt sie ihr Netz. Jeder Faden mit Bedacht gewählt, die Enden miteinander verknüpft. Die Töne verwebt sie zu einem Netz der Musik, in dem der Zuhörer sich zu verfangen droht. Mit ihrem neuen Programm „Black Widow“ war Erika Stucky am Montag zu Gast in der Waschhaus-Arena. Ein Konzert zwischen Gruseleffekten und musikalischer Grandiosität.

Das schwarze bodenlange Kleid floss an ihrem Körper herab, die langen spitzen Fingernägel umgriffen das Mikrophon und unter der blonden Wuschelkopfperücke ergossen sich schwarze lange Haare über ihren Rücken – allein schon dieser Anblick war den Weg ins Waschhaus an diesem Abend wert gewesen. Ganz normal will Erika Stucky nicht sein. Und so muss man bei einem Konzert der in San Francisco geborenen Schweizerin mit ein wenig Skurrilität rechnen. Mit der Videoprojektion einer schwarzen Witwe im Rücken, ganz getreu ihres neuen Programms, begann sie ihr Konzert. Mit Musik, die irgendwo zwischen schweizerischem Jodelgesang und Voodoo-Beschwörungen zu verorten war. Nicht immer war klar, ob sie da gerade Worte in einer existierenden Sprache ins Mikrophon säuselte.

Erika Stucky wandelte an diesem Abend auf musikalisch experimentierfreudigen Wegen. Eine Musikerin, die aus ihren Konzertauftritten ein Gesamtkunstwerk erschaffen will. Eine Künstlerin, die ihren Liedern mit Videoprojektionen visuellen Ausdruck verleihen will oder die mit skurril wirkenden Verrenkungen alle gebannten Blicke auf sich zieht. Nie wurde es langweilig, wenn sie mit ihrem ganz eigenen Stil poplastige Songs mit wunderschönen Jazzelementen verwob und dem Ganzen auch noch eine rockige Note gab. Mit jedem Lied verwandelt sie ihre Musik zu einer neuen düsteren Klangcollage, deren Texte sie mit rotzig-röhriger Leidenschaft und Freude durch die Arena schmetterte. Doch nicht immer schaffte sie es, ihre unglaubliche Stimme richtig in Szene zu setzen. Unverständliches Gemurmel katapultierte den Zuhörer immer gerade dann wieder zurück in die Realität, wenn er sich gerade vollständig im Geflecht der Musik verfangen hatte. Zu viel unnötiges Theater auf der Bühne übertönte häufig das, womit Erika Stucky ihre Zuhörer eigentlich hätte in ihren Bann ziehen können – ihre unglaubliche Stimme, die die Weichheit zarter Töne ebenso meisterte wie die Härte rockiger Passagen. Dank der Unterstützung durch die Musiker Michael Blair, David Coulter und Terry Edwards gestalteten sich die Übergänge zwischen den Songs stets fließend.

Dem Abwechslungsreichtum und dem Überraschen ihrer Zuschauer schienen sich die vier Musiker auf der Bühne an diesem Abend verschrieben zu haben. Stets wechselnde Instrumente bereicherten den Sound von Erika Stuckys gesanglicher Darbietung mit immer neuen Facetten, dessen Höhen und Tiefen sie auszunutzen wusste. Aber selbst die etwas schräg klingenden Töne, die Terry Edwards mit dem Saxofon oder David Coulter mit Säge und Geigenbogen von sich gaben, fügten sich ein, verloren ihre Schiefe und wurden als neue Masche dem Netz hinzugefügt.Erst spät kam Erika Stucky so richtig in Fahrt und überzeugte ganz zum Schluss mit ihren Zugaben. Ihr schien es nie zu spät, das Publikum noch weiter in die Verwebungen der Musik, noch tiefer hinein in das Netz der schwarzen Witwe zu ziehen. Chantal Willers

Chantal Willers

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