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Kultur: Im Quellbecken der Kammermusik Neues Ensemble Quatuor Voltaire gab Einstand

So hört und liest man es immer wieder: Joseph Haydn ist der Vater des Streichquartetts. Dass die Sache in Wirklichkeit vielschichtiger ist als diese einfache Formel, zeigte sich beim ersten Konzert des neuen Potsdamer Ensembles Quatuor Voltaire.

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So hört und liest man es immer wieder: Joseph Haydn ist der Vater des Streichquartetts. Dass die Sache in Wirklichkeit vielschichtiger ist als diese einfache Formel, zeigte sich beim ersten Konzert des neuen Potsdamer Ensembles Quatuor Voltaire. Im Friedenssaal der Friedenskirche ging es um den Beginn, die Vor- und Frühformen des Streichquartetts. Rund vierzig Zuhörer folgten den höchst selten zu hörenden Werken wenig bekannter Komponisten mit viel Interesse.

Es war zugleich der Anfang einer Konzertreihe rund um das Streichquartett, die Kaspar v. Erffa, unermüdlicher Motor der Höfischen Festspiele Potsdam, ins Leben gerufen hat. Ihm zur Seite steht der den Potsdamern aus vielen Konzerten und Projekten wohlbekannte Violinist Wolfgang Hasleder. Sein neu gegründetes Quartett besteht neben ihm aus Franziska Hahn, zweite Violine, Marion Leleu, Viola, und Alexander Koderisch, Violoncello.

In der Prä-Haydn-Epoche war noch nichts festgelegt, weder die Titel der Werke noch die Anzahl und die Abfolge der Sätze. So stehen Divertimenti neben Sinfonias und Quartettos und können zwei, drei oder auch vier Sätze haben. Das frühe Quartett des Wiener Theatermusikers Josef Starzer bildet da mit seinen vier Sätzen inklusive Menuett eine Ausnahme. Nicht nur der erste, monothematisch angelegte Satz ist noch den barocken Traditionen verhaftet. Erst im weiteren Verlauf dürfen die anderen Instrumente punktuell solistisch hervortreten.

Auch Georg Matthias Monn wirkte in Wien, dem Quellbecken der neuen Musik. Sein Quartetto in zwei Sätzen sprüht vor lebendigen, dramatischen Einfällen. Kurios wirkt die klangliche Nähe zu Mozart, auch ohne zu wissen, dass dessen Kyrie-Fuge aus dem Requiem sich notengenau im Andante von Starzers Jahrzehnte früher entstandenem Quartett finden lässt. Dass auch Luigi Boccherini mehrere Jahre seiner Jugend als Musiker in Wien verbracht hat, ist noch nicht so bekannt. Boccherinis erste Streichquartette entstanden bereits in dessen Wiener Zeit im Jahr 1761 und damit noch vor denen von Haydn. Boccherinis zweites Streichquartett in B-Dur verbindet formale Experimente mit farbiger Klangfülle und Kantabilität. Konzertante Passagen der beiden Violinen und des Violoncellos werden gern von orchestralen Unisono-Kontrasten unterbrochen. Zum Finale kündet eine spritzige Fuge vom frühreifen Talent des 18-Jährigen. Als ausdrucksvolles Werk eines reifen Meisters erweist sich das Quartett op. 5/1 von Franz Xaver Richter, der zeitweise in der Mannheimer Hofkapelle spielte.

Schließlich erklingt das vierte aus den sechs Quartetten op. 9 von Joseph Haydn. Das extravagante Werk in der bei Haydn seltenen Tonart d-Moll zieht mit vielen harmonischen Effekten in den Bann. Leider erwies sich Wolfgang Hasleders Violine dem melodischen Adagio nicht gewachsen, es fehlte hier und da an Weichheit und Gesanglichkeit. Auch das Violoncello von Wolfgang Koderisch schwächelte etwas, was am Ende des langen Programms kein Wunder war. Doch schön verheißungsvoll war der Einstieg in die Königsdisziplin der Kammermusik allemal. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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