Kultur: Im Schatten der Garnisonkirche
Heute beginnt die Gedenkwoche zum 60. Jahrestag des Hitlerattentats vom 20. Juli 1944
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Heute beginnt die Gedenkwoche zum 60. Jahrestag des Hitlerattentats vom 20. Juli 1944 Von Erhart Hohenstein In einem englischen Gefängnis, das selbst zu den internationalen Versöhnungszentren gehört, haben Häftlinge ein Nagelkreuz als Zeichen dieser von der Kathedrale in Coventry ausgehenden Bewegung hergestellt. Es ist für Potsdam bestimmt und wird am 20.Juli vom Alt-Kanonikus der im Krieg durch einen deutschen Luftangriff zerstörten Coventryer Kathedrale, Dr. Paul Oestreicher, an die Stiftung „Garnisonkirche Potsdam – Internationales Versöhnungzentrum“ übergeben. Nach einem Festgottesdienst, auf dem Dr. Oestreicher die Predigt hält, wird das 20 mal 40 cm große Symbol in der Dauerausstellung zur Geschichte des Gotteshauses aufgestellt. Es dient als Vorlage für ein weitaus größeres Nagelkreuz, das nach Wiederaufbau an der Garnisonkirche angebracht werden soll. Die Übergabe des Kreuzes ist zugleich der Höhepunkt einer Veranstaltungsreihe, die dem Andenken der Männer des 20. Juli 1944 gewidmet ist. An der Vorbereitung des Attentats auf Hitler waren von Hasso von Boehmer bis Joachim Freiherr von Willimsen nicht weniger als 30 Offiziere und Beamte beteiligt, die der Militärgemeinde der Garnisonkirche angehörten. Hier erhielten sie die Motivation für ihren Widerstand gegen die nationalsozialistischen Verbrechen, hier wurde ihnen geistlicher Beistand in all den sie quälenden Problemen von Schuld, Vergebung und der Gefährdung ihrer Familien zuteil, erklärte Stadtkirchenpfarrer Markus Schütte gestern auf einer Vorstellung des Programms der „Aufstand des Gewissens“ genannten Potsdamer Gedenkwoche. In diesem Zusammenhang ist der Vortrag von Oberst Dr. Winfried Heinemann (Militärgeschichtliches Forschungsamt) „Im Schatten der Garnisonkirche – Soldaten und Christen gegen Hitler“ mit besonderer Spannung zu erwarten (17. Juli, 19.30 Uhr, Kutschstall). Markus Schütte würdigte den Konsens, zu dem nach der früher kontroversen Beurteilung der Tat des 20. Juli 1944 politisch unterschiedlich orientierte Strömungen gefunden haben. So zählt zu den 14 Institutionen, die die Veranstaltungen bestreiten oder unterstützen, die PDS-nahe Rosa-Luxemburg-Stiftung. Für sie kündigte Claus Dobberke die Vorstellung einer Broschüre „Zum antifaschistischen Widerstand in Potsdam und in der Provinz Brandenburg“ an (16. Juli, 14 Uhr, Dortustraße 53). Da die Autoren der den PNN bereits vorliegenden Schrift, die DDR-Althistoriker Prof. Kurt Finker und Dr. Werner Bethge, der knapp 30-seitigen Darstellung des Umsturzversuchs vom 20. Juli 1944 einen ebenso großen Teil über den kommunistischen und sozialdemokratischen Widerstand vorangestellt haben, dürfte eine lebhafte Diskussion mit dem Publikum gewährleistet sein. Die Gedenkwoche beginnt am heutigen Dienstag, 19.30 Uhr, in der Lindenstraße 54 mit einem Vortrag des früheren Potsdamer Polizeipräsidenten Detlef Graf von Schwerin. Mit Amelie Gräfin von Dohna predigt auf dem Gedenkgottesdienst in der Bornstedter Kirche (So., 18. Juli,16 Uhr) ein weiteres Mitglied einer der von den Nazis nach dem gescheiterten Attentat verfolgten Adelsfamilien. Emmi, Klaus und Dietrich Bonhoeffers wird durch eine Buchpremiere des Brandenburgischen Literaturbüros mit Martina Gedeck (18. Juli, 11 Uhr, Kutschstall) und einer Lesung von Klaus Büstrin (20.Juli,19 Uhr, Nikolaikirche) gedacht. Im Filmmuseum schließt sich eine Vorführung des Films „Bonhoeffer – die letzte Stunde“ an. Nicht weniger publikumswirksam dürfte der Auftritt des Schauspielers Sebastian Koch sein, der im kürzlich von der ARD ausgestrahlten Fernsehfilm „Stauffenberg“ die Hauptrolle gespielt hat. Das Potsdam-Museum lädt zu einer Führung durch die 1994 eröffnete und zum 60. Jahrestag des Attentats aktualisierte Ausstellung „Potsdam und der 20. Juli 1944“ ein (19.Juli, 18 Uhr, Henning-v. Tresckow-Straße). Es führt der Historiker Hartmut Knitter, dem Potsdam diese Exposition verdankt.
Erhart Hohenstein
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