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Kultur: Im weiten Spannungsfeld des Triptychons Arbeiten der Malerin Gisela Schlicht im Fluxus

Ein Spiegel prangt in der Mitte des Triptychons, daneben ein Kreuz und ein Kreis. Das Kreuz symbolisiere den Tod, der Kreis die Einheit, das Leben.

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Ein Spiegel prangt in der Mitte des Triptychons, daneben ein Kreuz und ein Kreis. Das Kreuz symbolisiere den Tod, der Kreis die Einheit, das Leben. Der Spiegel verweise den Betrachter auf sich selbst im Spannungsfeld der beiden Pole, erklärt die Malerin Gisela Schlicht. „Mir geht es um die Dualitäten.“ Die Künstlerin greift auf die Darstellungsform des Triptychons zurück, das früher häufig mit religiösen Darstellungen verknüpft war. Um Existenzielles geht es auch Gisela Schlicht, um „die Widersprüchlichkeit des menschlichen Daseins, Schicksal und Endlichkeit,“ so das Museum.

Ausgangspunkt war für die Malerin allerdings das ungegenständliche Bild, die gestische Malerei. Die 1942 geborene Künstlerin studierte in den 80er Jahren an der UdK. Die nach dem Krieg entwickelte Formensprache der bewegten, gegenstandsfreien Malerei war noch ganz frisch. Dann aber drängte sich der Gegenstand, die Realität in die Malerei von Schlicht. „Es war ein Foto aus dem Vietnamkrieg, eine Hinrichtungsszene mit drei abgeschlagenen Köpfen, das mich stark beeindruckt hat.“ Sie fing an, Zeitungsfotos auszuschneiden , auszureißen und zu großformatigen Collagen zusammenzufügen. Die „Nachrichten des Tages“ entstanden, zunächst einzelne Blätter, dann als Montage in Kreuzform. Eine Collage, die im Zusammenhang mit dieser Werkgruppe entstanden ist, findet sich auch in der Ausstellung. Betitelt hat Schlicht das Bild mit einem Zitat von Berthold Brecht: „Halleluja, oder Ja, ich glaube an die sanfte Gewalt der Vernunft über die Menschen“. Damit setzt die Künstlerin einen Kontrapunkt zu den abgebildeteten Kriegs- und Zerstörungsfotos. Es sei ihr wichtig, so die Künstlerin, trotz eher betrüblicher Weltlage und Nachrichten eine gewisse Heiterkeit in ihren Werken zu transportieren. Bei aller Ernsthaftigkeit wolle sie auch die Leichtigkeit zeigen, eben die Dualität des Lebens, so Schlicht. Deshalb kombiniere sie ihre Bilder gerne mit Zitaten und Texten von Dichtern und Poeten.

So entstehen Bilder, die durch malerische Präzision bestechen, aber auch durch eingefügte Wort- und Satzfetzen eine philosophische Dimension transportieren. Wenn die Künstlerin ausdrücklich in großen Lettern „Ich bin“ ins Bild schreibt und dies mit einem Spruch kombiniert, der dem einzelnen jede Bedeutung abspricht, formuliert sie eine hintersinnig ironische Selbstbehauptung.

„Alle guten Dinge sind drei“ lautet der Titel eines Panels, bei dem die Künstlerin neun gestische Blätter mit Zeichnungen vereint. Über eine bewegte, schwarze Strichzeichnung hat sie jeweils Rot, Gelb oder Blau gelegt. „Ich will die Farben und Formen klar abgrenzen“, sagt Schlicht. Deshalb habe sie sich bei dem Bild auf die drei Grundfarben beschränkt.

Die Klarheit im einzelnen Bild wird ergänzt durch eine Vielfalt an Ausdrucksformen im Gesamtwerk der Künstlerin. Es finden sich Fische, Sonnen, gezeichnete Figuren und auch großformatige Kugeln, die in Acryl gemalt im freien Raum schweben. Das seien menschliche Zellen im Mittelteil des Triptychons. Die wiederum werden an beiden Seiten von Zeitungsfotos mit Nachrichten des Tages eingerahmt. Die Kugeln verweisen auch auf die Unendlichkeit, auf die Weite, den Raum, die Zeitungsfotos bringen die unmittelbare Realität ins Bild, so Schlicht. So entsteht ein Spannungsfeld zwischen der frei schwingenden Geste, einer von jedem Gegenstand gelösten Kunst und der unabweisbaren, gelegentlich bedrückenden, aber immer wieder ironisch gebrochenen Realität. Richard Rabensaat

Gisela Schlicht – „Aller guten Dinge sind drei“ im Museum Fluxus bis zum 15. November 2015

Richard Rabensaat

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