Kultur: „Impro Clash“
Gelungener Auftakt am Hans Otto Theater
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Alle wollten das Seepferdchen. In der Reithalle A, die ja seit Monaten eher Schwimmhalle A heißen müsste, tummelten sich am Freitagabend über 60 Schüler und Studenten beim „1. Potsdamer Impro-Clash“. Der erste Versuch des „Jungen Theaters“, Improvisationstheater in Potsdam einzuführen, kann als Erfolg auf der ganzen Linie gewertet werden. Sechs Gruppen mit Schülern und Studenten der Fachhochschule Potsdam, der Theater- und Jugendgruppe vom Hans Otto Theater, der Gruppe „Von Schlössern und Schlaatzen“ und der Universität Potsdam stellten sich dieser ganz auf Spontaneität ausgelegten Theaterkunst. Der Schwimmbad-Dekoration der Reithalle entsprechend, winkte die Seepferdchen-Medaille als Auszeichnung für die besten Improvisations-Talente.
„5, 4, 3, 2, 1 - Los!“, schreit der volle Saal. Eine junge Frau stürzt auf die Bühne, wirft sich auf den Boden und fängt laut stöhnend an, eine Geburt nachzuspielen. Zuvor hatte das Publikum den Kreißsaal als Ort für die Szene bestimmt. Weitere Akteure kommen hinzu: ein Arzt, ein Schaulustiger, eine Krankenschwester, ein Angehöriger. Richtig eng wird es im türkisblauen „Schwimmbecken“ bei der gespielten Niederkunft. Die Jugendlichen spielen befreit und ohne Blockaden die ihnen spontan zugeteilten Rollen und lassen sich ungehemmt auf ihre Charaktere ein. „Dabei ist der Großteil der Mitspieler ohne Erfahrungen im darstelllenden Spiel“, wie Sebastian Stolz, der Dramaturg vom „Jungen Theater“ sagt. Zusammen mit JT-Leiter Sebastian Steudtner, der auch die Idee zum „Impro-Clash“ hatte, feilte am Konzept für das Stück. Hilfreich zur Seite standen den Beiden die Grazer Schauspielerin, Autorin und Regisseurin Pia Hierzegger und die Potsdamerin Ulrike Hatzer, die auch für das „Junge Theater“ Regie führt.
Die gespielten Formate sind Klassiker des Impro-Theaters: bei der emotionalen Achterbahn („Emotional Rollercoaster“) stürzen sich die Akteure in ein Wechselbad der Gefühle. Immer wieder unterbricht Moderator Sören Reincken die Szene und fragt das Publikum, welche Emotion nun dargestellt werden soll. Dabei kann das Publikum mit dem Konglomerat kreativer Köpfe auf der Bühne stellenweise nicht mithalten: „Sie wird lesbisch“, „Er wird pervers“, „Sie wird Nymphomanin“ um nur einige der Vorschläge zu nennen, die nichtsdestotrotz von den Schauspielern souverän gemeistert werden.
Die Verzahnung von Zuschauern und Schauspielern macht den besonderen Reiz dieses Theaterstils aus. Das elitäre Selbstverständnis des Schauspielers, der unbeeindruckt vom Publikum seinen Text herunterspult, wird verworfen und die darstellenden und rezipierenden Gruppen vermischen sich und werden zu einem Gesamtkunstwerk addiert.
Manchmal wird es etwas chaotisch, wenn zu viele Schauspieler ihre Pointen gleichzeitig platzieren möchten und die pausierenden Gruppen zusätzlich vokale Hintergrundmusik beisteuern. „Zuhören ist die erste Lektion,“ ruft Sebastian Stolz in Erinnerung. In den kommenden Wochen werden die Gruppen mit ihren Trainern proben, um beim nächsten Mal mit neuen Ideen auftrumpfen zu können. „Am 15. Februar 2008 geht der Impro-Clash in die zweite Runde,“ freut sich Stolz mit leuchtenden Augen.Am Ende bekommen alle Teilnehmer ihre Seepferdchen-Medaille und sind schon motiviert für die nächste Runde. Na dann: „5, 4, 3, 2, 1 – Los!“ Christoph Henkel
Christoph Henkel
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