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Von Dirk Becker: In alten Bildern

Erfolgsgeschichte „Potsdam wiederentdeckt. Historische Filmschätze von 1910-1959“ mit zweitem Teil

Stand:

Der Ton ist schneidig, die Aussprache überdeutlich korrekt, typisch deutsch. Und als auch noch das Jahr 1933 genannt wird, denkt man: Alles klar!

Doch der Film „Potsdam – Vom Aufbau einer Stadt“ entpuppt sich dann doch nicht als der befürchtete martialische Propagandaschinken. Natürlich werden die Leistungen von „Fridericus Rex“ für die Entwicklung von Potsdam mit pathetischer und lautstarker Stimme gelobt. Doch dieser marktschreierische Kommentar wird ganz schnell zur Nebensache. Denn was hier zählt, sind die Filmaufnahmen von Potsdam aus dem Jahr 1933. Ein Schwarz-Weiß-Blick auf diese Stadt, als die Garnisonkirche und das Stadtschloss noch standen. Wie ein historisches Bilderbuch. Nur das hier dieses Ganz-nah-dran-Gefühl viel stärker ist, weil diese Filmbilder voller Leben sind.

Am morgigen Samstag und kommenden Sonntag ist der Kurzfilm „Potsdam – Vom Aufbau einer Stadt“ in der Reihe „Potsdam im Film – Stadtansichten 1918 bis 1982“ im Filmmuseum zu sehen. Ein Film, der als verschollen galt und erst durch einen Zufall wiederentdeckt wurde.

Hans-Gunter Voigt hat diesen Film schon oft gesehen. Doch die historischen Aufnahmen scheinen ihn immer wieder zu beschäftigen. Nach einer Vorbesichtigung am Dienstag nachmittag im Filmmuseum ist der Filmhistoriker für einen kurzen Moment gar nicht ansprechbar, so vertieft ist er in seinen Gedanken. Zusammen mit Birgit Acar und Sachiko Schmidt vom Filmmuseum und Claire Müller von der Medien Bildungsgesellschaft aus Babelsberg sitzt er im Kinosaal, um eine Erfolgsgeschichte fortzuschreiben, die Auswahl für den zweiten Teil zu treffen.

Der erste Teil trägt den Titel „Potsdam wiederentdeckt. Historische Filmschätze von 1910-1959“. Erschienen war er zum ersten Mal in loser Reihenfolge in einer Filmreihe im Filmmuseum vor vier Jahren. Eine Begleitveranstaltung zu der Ausstellung „Auslöser Potsdam – Photographen und ihre Bilder von 1850 bis heute“ im Kutschstall. Zwei Filmvorführungen waren am Anfang geplant, doch auch die zusätzlichen Filmabende waren über Wochen ausverkauft. Selbst Hans-Gunter Voigt hatte dieses Interesse an historischen Filmaufnahmen von Potsdam überrascht. „Als wir im Rahmen der 1000-Jahr-Feier von Potsdam 1993 solche alten Filme gezeigt haben, war das Interesse beim Publikum sehr bescheiden“, sagt Voigt. Die Diskussionen um die Wiederherstellung der historischen Mitte, so der Filmhistoriker, werden wohl einen erheblichen Anteil an der neuen Neugier am alten Potsdam gehabt haben.

Als vor zwei Jahren dann die DVD „Potsdam wiederentdeckt. Historische Filmschätze von 1910-1959“ mit acht Dokumentarfilmen auf den Markt kam, waren die Herausgeber noch etwas zurückhaltend. „Mit einer Auflage von 2000 Stück haben wir begonnen“, sagt Claire Müller von der Medien Bildungsgesellschaft aus Babelsberg. Und noch immer schwingt Erstaunen in ihrer Stimme mit, wenn sie erzählt, dass diese 2000 Stück innerhalb von wenigen Tagen ausverkauft waren. „Selbst in den Buchläden, wo die DVD angeboten wurde, standen die Leute regelrecht Schlange.“ Mittlerweile sind über 10 000 Exemplare von „Potsdam wiederentdeckt. Historische Filmschätze von 1910-1959“ verkauft worden.

Im kommenden Frühjahr soll nun im Themenjahr „Brandenburg zwischen Mythos und Moderne: Film, Kunst, Baukultur“ ein zweiter Teil erscheinen. Historische Aufnahmen aus Potsdam in der Zeit von 1918 bis 1982, angereichert um Bonusmaterial zur Entwicklung des Filmstandortes in Babelsberg. Doch das Hauptaugenmerk wird auf den historischen Filmaufnahmen von Potsdam liegen.

Da ist „Potsdam – Vom Aufbau einer Stadt“ aus dem Jahr 1933. Jahrelang lag die Filmrolle, falsch beschriftet, in einem Regal. Und erst als es daran ging, den Film zu kopieren, weil sich die Filmrolle langsam zersetzte, entdeckte man, was für ein Schatz da jahrelang unter falschem Namen geschlummert hatte.

Oder der „Lehrfilm über die Sprengung einer Kirchenruine“ vom Autobahnkombinat der DDR, Abteilung Sprengtechnik. Als 1968 die Ruine der Garnisonkirche gesprengt werden sollte, hatte die Defa angefragt, ob Filmaufnahmen für Archivzwecke erlaubt wären. Doch es erging ein stricktes Aufnahmeverbot. Nur die Sprengmeister vom Autobahnkombinat, Abteilung Sprengtechnik nutzten die Gelegenheit, um hier einen Lehrfilm zu produzieren. „All die Pannen, die während der Sprengung passierten, sind hier natürlich nicht dokumentiert“, sagt Sachiko Schmidt vom Filmmuseum. Doch ansonsten ist die Vernichtung der letzten Überreste der Garnisonkirche akribisch dokumentiert. Aus drei Kameraperspektiven wurde die Sprengung gefilmt. Aufnahmen, so Claire Müller, die einem heute noch, über 40 Jahre später, regelrecht körperlich zusetzen können.

Die Reihe „Potsdam im Film – Stadtansichten 1918 bis 1982“ am morgigen Samstag und am Sonntag, 5. Dezember, wieder am 18. und 19. Dezember, jeweils 10.30 Uhr, im Filmmuseum, Breite Straße 1A. Die DVD „Potsdam wiederentdeckt“ ist erhältlich im PNN-Shop im Karstadt Stadtpalais, Brandenburger Str. 49 - 52 oder im Internet unter:

www.filmschaetze-potsdam.de

Dirk Becker

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