Kultur: In bester Gesellschaft
Nico Rabenald und Ludger Nowak inszenieren das Musical „High Society“ / Premiere am Samstag
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Erzählen können sie einem ja viel. Dass sie Spaß bei den Proben haben und sich immer wieder mit guter Laune treffen. Dass dieses Musical viel Tempo hat und in der Inszenierung am Hans Otto Theater wie eine Rutschpartie daherkommen soll. Überzeugen kann man sich davon ja erst am morgigen Samstag, wenn „High Society“ Premiere in der Schiffbauergasse haben wird. Darum hat so ein Vorgespräch in der Probenphase immer seine Tücken. Also achtet man auf die Zwischentöne, die kleinen Zwischenspiele, die oft mehr verraten als die vielen Worte. Und was diese Zwischenspiele betrifft, machen der Regisseur Nico Rabenald und der musikalische Leiter Ludger Nowak mit Blick auf „High Society“ eine ziemlich gute Figur.
Da erzählt Nico Rabenald, dass er seine Regielaufbahn im Jahr 1991 mit einem Musical begonnen hat, hält kurz inne und sagt: „Ja, da habe ich jetzt wohl 20-jähriges Bühnenjubiläum.“ Die Feststellung nutzt Ludger Nowak, um seine rechte Hand zu heben und sie in die des grinsenden Rabenalds zu geben. Ein „Gimme five!“ wie zwei Halbstarke. Und als Nowak wenig später vorzeitig das Gespräch verlässt, weil er zum Soundcheck vor der Probe muss, steht Rabenald, schon wieder grinsend, auf und verabschiedet sich ganz förmlich mit Handschlag. Obwohl beide sich in wenigen Minuten ja schon auf der Bühne wiedersehen. Wer also drei Tage vor der Premiere so locker und entspannt ist, der muss wirklich guter Dinge sein.
Für das Musical „My Fair Lady“, das im Januar Premiere am Hans Otto Theater hatte, haben Rabenald und Ludger zum ersten Mal miteinander zusammengearbeitet. Und wenn man die beiden erlebt, wird schnell deutlich, dass da zwei sind, die sich wirklich verstehen. Schon einmal beste Voraussetzungen für das Chaotische, das die Handlung in „High Society“ auch prägt. Da ist Tracy, verwöhnte Tochter aus bester Familie, die George heiraten will. Es wäre ihre zweite Ehe. Und ausgerechnet am Abend vor der geplanten Hochzeit taucht ihr Ex-Mann Dexter bei der Familie Lord auf, der wieder Interesse an Tracy zeigt. Dann ist da noch der Klatschreporter Mike Connor, der sich ebenfalls um die Braut bemüht. Und weil das immer noch nicht reicht, liegt die Enthüllung einer Affäre von Vater Lord in der Luft und Onkel Willie flirtet frech und ungeniert mit der Fotografin.
Wenn diese Verwicklungen erst einmal ihren Lauf nehmen, so Rabenald, sind sie nicht mehr zu stoppen. Und entsprechend ist auch die Inszenierung am Hans Otto Theater geprägt. Schnell und temporeich bis in die Szenenwechsel soll sie werden. Ein treibendes Spiel mit dieser Gesellschaft von Sorglosen und Arroganten. Sorglos hinsichtlich ihrer Finanzen, arrogant was die Leute betrifft, die nicht so gut gestellt sind wie sie. Aber was das Zwischenmenschliche betrifft – Liebe, Enttäuschung und Hoffnung –, doch nur Menschen sind.
„High Society“ basiert auf dem Broadway-Bühnenstück „The Philadelphia Story“ aus dem Jahr 1939, das 1956 mit der Musik von Cole Porter und den Schauspielern Grace Kelly, Bing Crosby und Frank Sinatra verfilmt wurde. Lieder wie „High Society“, „True Love“ und „You’re Sensational“ sind mittlerweile Klassiker. Und für Ludger Nowak gerade in der Verbindung mit dem Tanz und Schauspiel voller Emotionen. Dass diese so oft schon gehörte Musik je kitschig klingen könnte, die Sorgen hat er nicht. „Kitsch entsteht, wenn man übertreibt“, so Nowak. Er und seine neun Musiker setzen darum eher auf Sparsamkeit und die Schauspieler. „Wenn die wahrhaftig spielen, brauchen wir das nur noch aufgreifen.“
Was die Schauspieler betrifft, unter anderen Franziska Melzer und Eddie Irle, Jon-Kaare Koppe und Bernd Geiling ist Regisseur Rabenald regelrecht begeistert. „Es hat sich ja schon bei ,My Fair Lady’ gezeigt, was in diesem Ensemble steckt“, so Rabenald. „Es ist einfach irre, was die leisten“, fügt er noch hinzu. Es ist nicht nur das Schauspielerische, was ihn überzeugt, sondern auch das Musikalische, das hier seinen Ausdruck findet. „Franziska Melzer wollte tanzen. Also haben wir sie gelassen. Und wie sie jetzt tanzt.“ Nico Rabenald ist begeistert von dem, was er in den Proben erlebt. Und auch wenn „High Society“, entstanden in der Zeit der Weltwirtschaftskrise, gerade so aktuell wie lange nicht erscheint, geht es dem Regisseur in der Inszenierung am Hans Otto Theater vor allem um Vergnügen und Leichtigkeit. Zwei Merkmale, mit denen Musicals hierzulande noch immer allzu gern in die Ecke leichter Unterhaltung abgeschoben werden. „Es ist doch das größte Kompliment für ein Musical, wenn es auf den Zuschauer wirkt wie von leichter Muse geküsst. Dass gar nicht auffällt, wie schwer diese Verbindung von Schauspiel und Tanz und Gesang im Grunde ist“, sagt Rabenald. Sich einfach amüsieren über die „oberen Zehntausend“ und dabei auch die Ernsthaftigkeit nicht übersehen. Dann ist man schon in bester Gesellschaft. Dirk Becker
Premiere von „High Society“ am morgigen Samstag um 19.30 Uhr im Hans Otto Theater in der Schiffbauergasse. Karten unter Tel.: (0331) 98 118
Dirk Becker
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