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Kultur: In den Himmel schauen kann jeder

Des Ausstellungsreigen dritter Teil: Die „Luft“ im Pomonatempel

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Von allen Elementen, so lehrt die Alchimie, sei die Luft zuerst aus dem „Yliaster“, einer Art Ur-Stoff, ausgezogen worden. Dieser „Lopt“ sei nun in allen anderen enthalten, das Firmament brauche ihn genauso wie der Mensch zu ihrer Erhaltung. Luft komme aus dem höchsten Gut und bedeute nichts anderes als den „Geist des Lebens, das Leben der großen Welt, und das Leben Macrocosmi“.

Es ist nicht wenig, was die bildenden Künstler Lutz Friedel, Bernd Krenkel, Susanne Tischewski und Harald Metzkes sich im dritten Teil ihrer „Elemente“-Ausstellung in der luftigen Höhe des Pomona-Tempelchens auf dem Pfingstberg vorgenommen haben. Schließlich wird „der in der Luft herrscht“ ja mit jenem Geist in Verbindung gebracht, der „zu dieser Zeit sein Werk in den Kindern des Unglaubens“ vollbringt.

Zur Erinnerung: Der Förderverein Pfingstberg und der Potsdamer Kunstverein wollten die sukzessive Erneuerung von Kopien der Allegorien von den vier Elementen Luft, Wasser, Feuer und Erde an der Großen Fontäne in Sanssouci mit einer vierteiligen Ausstellung zu den Elementen auf dem Pfingstberg begleiten. Eigentlich ein ganz hübsches Vorhaben, aber wer wüsste heute, was so ein Element alter Prägung überhaupt ist, und bedeutet? Und wer versteht die alten guten Worte noch?

Das moderne Künstler-Quartett offenbar nicht: Bernd Krenkel machte ein paar digitalisierbare Farbfotos vom Himmel, Lutz Friedel malte schon 1984 in Öl, wie ein schweres Flugzeug im feueraschebraunem Interieur senkwärts in irgendein Haus stürzt, Harald Metzkes lässt in einem Aquarell eine Gruppe Kinder, genannt „Glücksfische“, wie Drachen in die Lüfte steigen; ein anderes zeigt das flüchtige Hin-und-Herlaufen vieler auf einer „Freilichtbühne“ im Wind. Und wiederum scheint sich Susanne Tischewski an ihr Augentrauma, an die Verbrennung von Pastor Brüsewitz auf dem Marktplatz von Zeitz 1976 erinnern zu wollen. Vielleicht etwas fern vom Thema Luft hat sie eine deutsche Demokratenfahne mit dem Satz „Ich trage Erinnerungen zusammen, die mich an nichts mehr erinnern. Noch sind es wenige“ beschriftet, kaum noch zu lesen. Fahnen wehen ja schließlich immer im Wind.

Vis a vis vom Entree findet sich auch der Impulsgeber für den aktuellen Teil des Projekts: Eine historische Fotografie der Allegorie „Luft“ von Lambert Sigisbert Adam (1739) soll die Verbindung zur fernen Großen Fontäne assoziieren. Aber die Heutigen haben längst verlernt, mit dem „Zauberstab der Allegorie“ (Novalis) umzugehen. Einen Springbrunnen mit den vier Elementen drumrum kann da schnell für schlichte Zierde gehalten werden. Statt verstehen zu wollen, warum diese Elemente unsichtbare Geister und Seelen sind, jedenfalls nicht das, was man sieht oder greift. Genau deshalb erklärt auch ein Text, wie die Künstler dieses Thema ventilierten: Luft wird mal als Zeichen „grenzenloser Freiheit“ beim Fliegen, mal als Trug der allzu flüchtigen Gedanken in einem selber aufgefasst. Wer wollte sich schon zum „Unverstand der Altvorderen“ bekennen.

Trotzdem: Irgendwie ist das alles recht dürftig. Die acht gezeigten Werke im dunklen Kabüffchen Pomonas machen nur wenig Lust, sich mit der Elementenschule zu befassen, nicht mal mit der von Aristoteles. Sie sind im Nu überschaut und genauso schnell mit Aug und Geist bewältigt. In den Himmel starren kann schließlich jeder! Tief durchatmen, gleichwohl die Atemluft zu vier Fünfteln aus lauter Gift besteht: Wenn die vier Bildenden trotz des Spruches „Die Wissenschaft darf wenig, die Kunst kann alles“ auch im dritten Anlauf in ihrem Ausstellungsreigen keine künstlerisch ansprechende Gedanken zu den Allegorien der Grundfontäne entwickeln mochten, so hätten zumindest die Veranstalter mehr dazutun müssen. Gerold Paul

Die Ausstellung „Luft“ ist noch bis zum 29. August, jeweils samstags, sonntags und feiertags, 15-18 Uhr, im Pomonatempel auf dem Pfingstberg zu besichtigen

Gerold Paul

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