Kultur: In der Klarheit liegt die Kraft oder?
Keramische Objekte und Bilder von Birgit Krenkel im Pavillon auf der Freundschaftsinsel
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Wer in diesen heißen Tagen den Pavillon der Freundschaftsinsel betritt, erlebt ein Eiland der Seligkeit der klaren Form, der zurückhaltenden Farbgebung und der reinen Ästhetik.
So distanziert wie die 1955 in Bautzen geborene Künstlerin selbst kommen ihre Werke daher: egal, ob es sich um Malerei handelt, die formveredelt in den Rahmen an der Wand hängt, die in braungelben erdigen Tönen ihre Kreis- und Wellenbewegungen im extrem abgezirkelten Rahmen vollführen, oder ob es ihre tektonisch exakten Keramikarbeiten sind, die als rot-rot, oder schwarz („black“) changierende Körper mit Hohlräumen den Besucher herausfordern, immer sind es sehr klare, ziemlich kühl wirkende Arbeiten. Da wird nicht gejuchzt und mit dem Empfänger ein möglicherweise erotisches Spielchen getrieben, Krenkels Farben- und Formensprache ist die der Reinheit. Exaktheit der Hohlkörper, die, selbst wenn sie sich runden, nur im eng bemessenen Rahmen Durchblick erlauben, Genauigkeit in den Formen, die die Bilder durchwirken.
Man hat den Eindruck, als würde jeder Jubelschrei, aber auch die leise, unaufgeregte Freude durchdacht, durchgeistigt, durchwirkt, und erst nach sehr langer Meditation geformt. Exakt geformt. Bändigung scheint der Motor all ihrer Arbeit zu sein. Es passiert selten, dass man einem so streng konzeptionierten Werk entgegenblickt, und für Momente ist man versucht, es bei diesem Urteil zu belassen. Zucht, Ordnung, Strenge. Mathematik, denkt man, Formelhaftigkeit, die Antithese des Informel.
Wäre da nicht die alles überragende, den Raum beherrschende Ästhetik, die die in diesem Moment überbordend und lustvoll schäumende Lebensfreude des extremen Sommers in ihre Schranken verweist. Das hat etwas, man muss es nur zulassen. Es ist die Antithese zum Sinnlichkeit herausfordernden Wetter, es ist eine kühle Dusche, mit der Birgit Krenkel uns empfängt. Und bei den aktuellen Temperaturen durchaus angemessen. Aber ob wir, ob sie damit glücklich werden? Alles wirkt, pardon, wie eine Zwangsjacke. Ob es sich um die „Blaue Grotte“ handelt, eine Keramikarbeit aus dem Jahr 2004, die dem Betrachter gütigerweise die Unterbrechung der geraden Linien des Kubus“ mittels der ihn durchdringenden Geraden und Quadrate erlaubt. Die ziehen sich durch die wundersamerweise grau-blau-gemaserten Oberflächen und eröffnen, wenn man nicht vorher aufgibt, eine Weite, mit der man tatsächlich nicht gerechnet hätte. Oder wenn es die „Kreisbahnen“ sind, die ein unendlich abgezirkeltes Spiel von Ellipsen und Kreisen ziehen, immer hat man den Eindruck von mühsam erzwungener Distanz zum eigenen Tun und vor allem: Fühlen.
Birgit Krenkel übt sich in der extremen Distanzierung, im Versteckspiel, das nur in ihren tektonisch architektonischen Keramikarbeiten Durchblicke aufschneidet, das dem spielerischen Element nur wenig Raum eröffnet. Was also ist es, das uns diese Künstlerin offeriert? Es ist ein Kampf. Es ist der Kampf gegen die eigene Emotion, gegen die manchmal überbordende Gefühlslage, gegen eine unberechenbare Welt. Die Frage ist und bleibt: reicht das? Können wir so der Wirklichkeit begegnen, indem wir sie so auf geometrische, mathematische Genauigkeit zurückführen?
Das offenbar fühlend, versucht die Künstlerin nun, ihrer Energie mäandernd Ausdruck innerhalb genau zirkulierter Rechtecke zu erlauben und es auch „Bewegung der Dinge“ zu nennen, aber ob das dem Bewegungsdrang der ständig widerstreitend gegenläufigen Emotionen adäquat wird? Sicher ist, dass der Betrachter eine hoch ästhetisierte Kunst erlebt, und das allein ist aller Ehren wert.
Aber pardon, mit aller Hochachtung vor der perfekten Beherrschung der Technik und der eigenen Gefühle: Warum nur? Wozu?
Birgit Krenkel, Tektonik und Struktur Arbeiten Papier und keramische Objekte, bis 20 August, Pavillon auf der Freundschaftsinsel, Mittwoch bis Sonntag 12-18 Uhr
Lore Bardens
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