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Kultur: In der Zeitmaschine

„Slick Fitty“ zelebrieren 50“s Rock“n“Roll im Spartacus

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„Slick Fitty“ zelebrieren 50“s Rock“n“Roll im Spartacus Rock“n“Roll in seiner ursprünglichsten Form muss laut, dreckig und schweißtreibend sein. Er muss dich bei den Eier(stöcke)n packen und den Staub aus deinen Gehörgängen blasen. Fast zwei Stunden und 23 Songs dauerte die Reise zurück in die Fünfziger. Das ist die große Stärke von „Slick Fitty“ aus Albany, New York – die perfekte Illusion der längst vergangenen Ära der Schmalztollen. Ihre Musik ist die Zeitmaschine für diejenigen, die sich beklagen, dass die heutige Musik zu wenig handgemachten Charme besitzt. Keine Balladen, kein „Love me tender“, sondern knackige Songs im drei Minuten-Takt werden auf das Publikum abgefeuert. Etwa sechzig Menschen sind in den Spartacus gekommen. „Verdammt, es ist heiß hier. Ihr seid ein tolles Publikum, weil ihr das aushaltet“, sagt Bryce Johnson im feinsten Kaugummi-Englisch. Er hat die passende Mischung aus Schmalz, Rotz und Jauchzen in der Stimme, die ein Rock“n“Roll-Sänger braucht. Dabei hätte das Konzert beinahe nicht beginnen können. Bryce hatte sich in den Fluren des Spartacus verlaufen, berichtet er augenzwinkernd vor dem Gig. Scotty Mac an der Leadgitarre dagegen ist einfach nur ein cooler Poser. Sein Blick ins Publikum sagt den Frauen, dass er sie Backstage vernaschen will. Er ist aber auch für Ansagen zuständig und zeigt, dass er ein paar Brocken Deutsch gelernt hat. Mit dem Saxophonisten Justin Birk knallt Scotty so manches bejubelte Solo in die Menge. Angetrieben werden sie vom synkopierten Beat des Drummers Mickey King und von Bassist Brian Springfield, der Scotty im Posen in nichts nachsteht. „Von mir aus könnte die Band hier jeden Abend spielen“, meint Janet Danischewski, die für die Öffentlichkeitsarbeit im Spartacus zuständig ist. Während des schweißtreibenden Konzerts driftet das Publikum immer wieder auseinander. Ein Gemisch aus Rasierwasser und Körperausdünstungen hängt in der stickigen Luft. Der Barmann hat zwischenzeitlich kräftig zu tun, was Sänger Johnson mit einem „Drinking is fine“, kommentiert. Er könne sich überall hinwünschen, wenn er ordentlich gebechert hat. In ihr Set haben Slick Fitty neben vielen eigenen Sachen, auch Coverversionen der Rockabilly-Götter „Stray Cats“ und Countrylegende Johnny Cash eingestreut. Hätten sie es nicht vorher angekündigt, hätte man es nicht gemerkt, so homogen fügen sich die Fremdkompositionen ins Gesamtbild ein. Auch verstecken sie so manches musikalische Zitat in ihrem Repertoire. Als Scotty Mac seine Bandkollegen im „Introduction Song“ dem Publikum vorstellt, schmuggeln sie Chuck Berry“s Hymne „Johnny B. Goode“ unter. Auf der Bühne geben die Fünf aus den Staaten wirklich alles, zerlegen Gitarrensaiten und zerschießen fast einen Gitarrenverstärker. Deutschland hat es ihnen angetan. Vor kurzem haben sie in Hannover ihr erstes Studioalbum aufgenommen, das im Oktober vorgestellt wird. Patrick Steller

Patrick Steller

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