Kultur: In kaum tiefgründigem Fahrwasser
Das einzige, was am Donnerstag Abend im Schlosstheater im Neuen Palais ein wenig weihnachtliche Stimmung verbreitet, ist ein tropfenförmiger, sich nach unten verjüngender Kronleuchter, der mit gelbem Lichterglanz sowohl Bühne als auch Seele zu umschmeicheln versteht. In der Auswahl der Konzerte und Sonaten für ein bis vier Violinen sowie Streicher und Basso continuo hat die Kammerakademie jegliche weihnachtskonzertliche Anmutungen vermieden, die ein Corelli oder Torelli in Stücken „per la notte di natale“ so eindrucksvoll eingefangen hatten.
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Das einzige, was am Donnerstag Abend im Schlosstheater im Neuen Palais ein wenig weihnachtliche Stimmung verbreitet, ist ein tropfenförmiger, sich nach unten verjüngender Kronleuchter, der mit gelbem Lichterglanz sowohl Bühne als auch Seele zu umschmeicheln versteht. In der Auswahl der Konzerte und Sonaten für ein bis vier Violinen sowie Streicher und Basso continuo hat die Kammerakademie jegliche weihnachtskonzertliche Anmutungen vermieden, die ein Corelli oder Torelli in Stücken „per la notte di natale“ so eindrucksvoll eingefangen hatten. Einstimmübungen hinter, dann auf der Bühne verkündigen auf geradezu nervige Art, dass die Instrumentalisten in zeitaufwendigen Verfahren sich gegenseitig ihre Darmsaiten auf gemeinschaftliches Klingen einschwören.
Die Marschrichtung gibt Gastdirigent Stefan Schardt, Kenner der Alte-Musik-Materie und langjähriger Konzertmeister bei Musica Antiqua Köln, sogleich bei Johann Bernhard Bachs g-Moll-Ouvertüre vor. Straff wird musiziert, akkurat im Zusammenspiel, sauber in der Intonation, zügig in den Tempi. Vibrato wird nur in sparsamsten Dosen verabreicht. Die von Schardt gespielte Solovioline singt sich klar, bisweilen sogar kantabel aus. Gemeinsam kleidet man – und nicht nur hier – das Artifizielle in ein schlichtes Klanggewand. Man weiß Akzente zu setzen, das Virtuose mit dem Geistvollen in Einklang zu bringen. Doch gerät die Programmabfolge alsbald in gleichförmiges, kaum tiefgründiges, für die Musiker jedoch sicheres Fahrwasser.
Johann Rosenmüller (1620-1684) ist mit vier harmonisch originellen Sonaten vertreten. Ihren herben Redetonfall spielt man in prononcierter Direktheit und Eindringlichkeit, im oft abrupten Wechsel von Adagio und Prestissimo. Der Musiker durchweg kräftiger Bogenstrich orientiert sich genauso am Historischen wie ihre Vorstellungen von barockem Klang. Vorzugsweise wird kurz und bündig, wie abgerissen phrasiert, auch in Johann Sebastian Bachs d-Moll-Konzert für zwei Violinen. Der Solisten körperlicher Einsatz erzählt viel: dem introvertierten Stefan Schardt steht das extrovertierte Engagement von Peter Rainer gegenüber.
Zu ihnen gesellt sich in Telemanns F-Dur-Konzert aus der „Tafelmusik II“ noch Christiane Plath, um a trois gefällige und beschwingte Saitenplaudereien anzustimmen. Schardt und Plath sowie Renate Loock und Thomas Kretschmer musizieren a quattro abschließend Vivaldis D-Dur-Konzert. Technisch versiert, präzise und unsensibel wie ein Uhrwerk spult es sich ab. Ein Hörlichtblick: die im Puls der Musik mitatmende Cembalistin Sabine Erdmann. Doch stellt sich nach diesem Abend die Frage, ob man alte Musik unbedingt auf tonal anfälligen Instrumenten spielen muss oder es mit modernen vielleicht doch besser geht?! Peter Buske
Peter Buske
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