Kultur: In Ovidgalerie: Klangfeines Denkmal
Hommage an Christina von Schweden
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Hommage an Christina von Schweden Arcangelo Corelli widmet ihr sein Opus 1; Alessandro Scarlatti darf sich über einen Kompositionsauftrag von ihr freuen. Christina von Schweden (1626 bis 1689), die sich nach ihrer Abdankung in Rom niederlässt, unterstützt Opernaufführungen, nachdem Papst Innozenz XI. dieses Genre für obszön hält. Die sinnenfrohe Kurie ist da ganz anderer Meinung. Sie geht im Palazzo der Ex-Königin ein und aus, goutiert die köstlichsten kulturellen Highlights (nebst den dazugehörigen Musendienerinnen), die Christina allabendlich serviert. Eine Mäzenatin von echtem Schrot und Korn. Der Musikfestspiele-Abend in der Ovidgalerie der Neuen Kammern Sanssouci setzt ihr ein klangfeines Denkmal. Die Stücke des Abends, Sonaten und Suiten, verdanken ihr Entstehen nur zum Teil Christinas Gönnerschaft. Einiges ist darunter, was sich andernorts klanglich zutrug, sie aber hätte hören können. Corelli profitiert direkt von ihren Gunstbezeugungen. Und revanchiert sich, indem er ihren musikalischen Horizont weitet. Beispielsweise mit seinen Violinsonaten, die bei der Hommage an die Königin i. R. in der Ovidgalerie nicht im Original, sondern auf Barockblockflöte erklingen. Ein statthaftes, weil traditionsverhaftetes Unterfangen. Was sonst mühelos auf Saiten tanzt, verlangt nunmehr nach anhaltend fließendem Atem, gelenkigen Finger und stilsicherem Vortrag. Die niederländische Solistin Marion Verbruggen verfügt darüber. Bravourös bläst sie sich durch ein Programm, das so oder ähnlich unter Corellis Leitung an Christines Hof hätte stattfinden können. Dessen Sonatensammlung op. 5 von anno 1700 gehört nicht dazu. Die daraus stammende F-Dur-Sonate Nr. 11 breitet sie mit ausgeglichenem Ton überaus kunstvoll bis vital aus. Etwas zu vorlaut wird sie, und nicht nur hierbei, von der Cembalistin Mitzi Meyerson begleitet, deren zupackendes Spiel von restloser innerer Hingabe erfüllt ist. Bloß schade, dass solcherart die Tonbalance zwischen beiden Instrumenten ein wenig aus dem Lot gerät. Die klangliche Dominanz des zweimanualigen Cembalos (ein weit weniger geöffneter Deckel hätte für Abhilfe gesorgt!) lässt auch die „Troisieme Suite“ von Jacques Hotteterre de Romaine (1674 bis 1763) ein wenig unruhig wirken. Dafür sorgt die Verwendung des Registerzuges, durch den gedämpftes Saitenschwingen erzeugt wird, für spannende Abwechslung. Auf klangfarbliche Kontraste setzt ebenfalls die Blockflötistin. Aus „Der Fluyten Lusthof“ von Jacob van Eyck (1590 bis 1657) spielt sie per Sopraninstrument „Doen Daphne d''over schoone Maeght“ so spontan, als ob ihr die Töne gerade einfielen. Spritzig und witzig erklingt die Sonate „La Bernabea“ von Giovanni Antonio Pandolfi Mealli (ca. 1620 bis 1669). Für solistische Kurzweil zwischendurch sorgt Mitzi Meyerson, die den Verzierungsreichtum zweier Cembalo-Suiten von Jean-Henry d''Anglebert (1635 bis 1691) und Louis Couperin (um 1626 bis 1661) mit Raffinement auskostet. Viel harmonisch Reizvolles und Kapriziöses ist dabei, manch Elegisches und Gravitätisches auch. Funkelnd ist''s auf jeden Fall. Die Rhythmen tanzt sie mit dem ganzen Körper mit. Zum Schluss stürzen sich beide Künstlerinnen in das virtuose Variationenfeuerwerk der Corellischen g-Moll-Sonate op. 5 Nr. 12. Doch diese Sammlung legt der Autor bereits seiner neuen Muse zu Füßen, der preußischen Königin Sophie Charlotte. Aus Rom sind wir, mit Beifall nicht sparend, wieder zu Hause angelangt. Peter Buske
Peter Buske
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