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Kultur: In Paris gefunden

Jürgen Gustav Haase in der Galerie Bauscher

Stand:

Die Eröffnung der Ausstellung „Die Schrift vom Bild“ mit Arbeiten des Künstlers Jürgen Gustav Haase in der Galerie Bauscher zog reichlich Interessenten an. Manch einem von ihnen ist der ursprünglich aus Oderberg stammende Künstler bereits aus früheren Präsentationen der Galerie bekannt und wird offenbar auch sehr geschätzt.

Die von Traudl Bauscher ausgerichtete aktuelle Werkschau des Künstlers legt ihren Schwerpunkt auf großformatige Ölgemälde. Zwischen den in üppigen Farben schwelgenden Leinwänden laden die sehr delikat gearbeiteten Collagen zu einer Entdeckungsreise ein, deren Detailfülle und Erzählungsreichtum sich erst bei genauerem Hinschauen offenbaren. Jedes Blatt ist eine Komposition, in der Haase die während seines diesjährigen Parisaufenthalts gewonnenen Eindrücke sammelt und reflektiert. Mit Hilfe seiner Kamera hat er aus der Fülle charakteristischer Details in mehreren Varianten ein ganz persönliches Porträt von Paris gezeichnet.

Keine Sehenswürdigkeiten, keine Klischees hat der Künstler auf Zelluloid gebannt. Straßenschilder, Mauerfragmente und andere Alltagsrequisiten bilden das Motivrepertoire, dem das ungeteilte Interesse Haases auf der Suche nach dem Unauffälligen, Beiläufigen gilt.

Nicht nur in Paris, auch sonst begibt sich der Künstler auf Spurensuche nach scheinbar Unbedeutendem, ja Wertlosem. Alltagsrelikten, ihrer ursprünglichen Funktion ein für allemal beraubt, haucht Haase neues Leben ein, wenn er seine Fundstücke in Objekte transformiert, die am Ende als „Turmwächter“ oder „Grachtenjäger“ in Form einer Skulptur im Raume stehen.

Am Anfang seiner Arbeit stand die freie Assoziation zum Reliquienschrein, erzählt der Künstler. In seinen aus Holz, Blech und Glas montierten Objekten umgibt er profane Splitter des Alltagslebens mit einem Nimbus des Sakralen, der eine völlig neue Realität entstehen lässt.

In der Faszination und im Spiel mit dem scheinbar Belanglosen, das sich insbesondere in den Collagen und Objekten offenbart, zeigt sich eine charakteristische Seite des Künstlers. Eine andere verweist auf die Geschichte Haases, der gelernter Stahlschiffbauer ist, der immer schon Kunst machen wollte und 1970 zum Studium an die Hochschule für Grafik und Buchkunst nach Leipzig ging: Allen seinen malerischen und zeichnerischen Kompositionen liegen sorgfältig austarierte Konstruktionen zugrunde, die das dynamische Spiel der Farben untergründig stützen und tragen. Gitternetzartige Strukturen, Liniengerüste, teils fein gesponnenen, teils scharf in die Farbschichten hineingekratzt, geben den Bildern inneren Halt und Struktur.

Die Farben selbst sind meist in mehreren Schichten übereinander- und durch den Spachtel zum Teil wieder freigelegt. Wie kleine leuchtende Inseln setzen Farbflecken markante Akzente und lassen das Bild an der Oberfläche flirren. Zeichenhafte Kürzel und Symbole ergeben eine hieroglyphenartige Sprache, mit denen der Künstler viele seiner Leinwände bevölkert und deren tatsächliche Bedeutung man nur erahnen kann.

Die Einbeziehung von Schrift oder schriftähnlichen Zeichen und die gliedernde Lineatur, die seinen Werken zu Grunde liegt, bezeugen die künstlerischen Anfänge Haases in der Graphik und Kalligraphie. Dieser Impetus setzt sich fort in den vielseitigen keramischen Objekten, die die Ausstellung „Die Schrift vom Bild“ gleichfalls präsentiert.

Obschon die Ölgemälde, Collagen und Objekte allesamt einen Titel tragen, handelt es sich bei ihnen letztlich um abstrakte Arbeiten, deren jeweiliger Bedeutungsspielraum sich aus der Sicht Haases in keinem Falle eindimensional erschöpft. Dem Betrachter Rätsel aufzugeben und dessen Auge immer neu zu stimulieren, ist ein Anliegen, zu dem sich der Künstler freimütig bekennt.

Almut Andreae

bis 1. März, Mi bis Fr 12 bis 18 Uhr, Sa 12 bis 16 Uhr.

Almut Andreae

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