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Nicht immer leichter Rollentausch. Anne Haug im Filmmuseum.

©  M. Thomas

Kultur: In vertauschten Rollen Potsdamer Filmgespräch mit Anne Haug

Mit seinem Film nach Cannes, zum bedeutendsten Filmfestival der Welt, eingeladen zu werden, dürfte der Traum vieler Regisseure sein. Wie aus einer solchen Einladung dann ein wunderbar unterhaltsamer Film entsteht, der nicht nur mit kritischem Blick in die Glitzerwelt des Festivalbetriebes hineinleuchtet, sondern auch den Chauvinismus in der Filmbranche thematisiert, war am Dienstagabend beim „Aktuellen Potsdamer Filmgespräch“ zu erfahren.

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Mit seinem Film nach Cannes, zum bedeutendsten Filmfestival der Welt, eingeladen zu werden, dürfte der Traum vieler Regisseure sein. Wie aus einer solchen Einladung dann ein wunderbar unterhaltsamer Film entsteht, der nicht nur mit kritischem Blick in die Glitzerwelt des Festivalbetriebes hineinleuchtet, sondern auch den Chauvinismus in der Filmbranche thematisiert, war am Dienstagabend beim „Aktuellen Potsdamer Filmgespräch“ zu erfahren. Nach der – vielfach ersehnten – Wiedereröffnung des Filmmuseums startete die Reihe dort mit Isabell Subas Kinodebüt „Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste“.

Auch Isabell Suba hatte sich 2012 zunächst über die Einladung nach Cannes mit einem Kurzfilm gefreut. Die Feststellung, dass im Wettbewerb kein einziger Film von einer Frau lief, versetzte der Freude schon einen Dämpfer: Inzwischen sagen erste Erhebungen aus, dass auch in Deutschland zwar ungefähr gleich viel Männer und Frauen Regie studieren, aber letztendlich zwischen 85 und 90 Prozent der Regieaufträge an Männer gehen.

Schließlich beschloss Isabell Suba, gemeinsam mit ihrem Produzenten Matthias Weidenhöfer in Cannes „undercover“ ein neues Projekt zu realisieren: Sie meldete sich als Filmstudentin an, die auf dem Festival einen Dokumentarfilm dreht. Und filmte die – natürlich geplanten – Versuche einer ambitionierten jungen Regisseurin und ihres chauvinistischen Produzenten, auf dem Festival Kontakte zu knüpfen und vor allem Geldgeber für neue Projekte zu finden. Dabei treiben die Protagonisten in genervten Auseinandersetzungen, verschlafenen und verpatzten Interviews und missglückten Gesprächen erfolglos durch das Festival. Während sie selbst die Regie führte, trat die Schauspielerin Anne Haug als Isabell Suba in Cannes auf, Matthias Weidenhöfer – dem übrigens auch der Titel des Films einfiel – spielte den Produzenten David Wendlandt.

„Es war immer klar“, sagte Anne Haug, die zum Gespräch mit Moderatorin Jeannette Eggert gekommen war, „dass es nicht darum geht, dass ich Isabell nachspiele. Trotzdem glaube ich, ist die Figur eine Mischung aus ihr, mir und etwas drittem. Wir wollten eine untypische Frauenfigur schaffen, die nervt, die scheitert und sich nicht erklären muss; die auch nicht scheitert an Abtreibung, Schwangerschaft oder sonst etwas, woran die weiblichen Frauenfiguren meistens scheitern. Sondern einfach an sich selbst. Das ist sonst, wie Isabell und ich beide finden, fast immer den Männerfiguren vorbehalten.“

Spannend anzuhören war besonders, wie spielerische Absicht und Inszenierung auf der einen und die Realität auf der anderen Seite ineinanderflossen und was diese Vermischung bei den Beteiligten auslöste. Wenn etwa Anne Haug, die für die Rolle nicht nur alle früheren Filme Isabells Subas angesehen, sondern auch sehr viel Regie-Fachvokabular auswendig gelernt hatte, Angst im Gesicht der inkognito hinter der Kamera stehenden Regisseurin entdeckte, während sie zwei Produzenten ein neues Projekt Isabells „pitcht“ – so wird das kurze Vorstellen eines Stoffes genannt, das bei potenziellen Geldgebern Interesse wecken soll – und dies schlecht. Oder umgekehrt, wenn Isabell Suba ihre Protagonisten beauftragte, ihren Stoff mit allen Kräften zu pitchen, und zugleich mit der – eingeweihten und sich selbst spielenden – Redakteurin abgesprochen hat, die beiden auseinanderzunehmen. „Als sie das dann aufgelöst hat“, erzählt Anne Haug, „waren Matthias und ich wütend.“

Der sympathisch-selbstbewussten Schauspielerin, die in letzter Zeit öfter für Isabell Suba Preise entgegengenommen oder Reden gehalten hat, traut man das Regieführen auf jeden Fall zu. Als Schauspielerin wird sie aber als nächstes am 12. November mit „Projekt Schoorill“in den Berliner Sophiensaelen zu sehen sein. Gabriele Zellmann

Gabriele Zellmann

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