Kultur: Indie-Rock als Berliner Baggertechnik Die Pickers bei ihrem Konzert im Waschhaus
Kürzlich waren sie noch Berliner Straßenmusiker, nun spielten sie erstmalig im Potsdamer Waschhaus: Die Pickers.Ein Schlagzeuger reißt den Mund auf, kneift die Augen zusammen, wirft den Kopf in jegliche Richtungen.
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Kürzlich waren sie noch Berliner Straßenmusiker, nun spielten sie erstmalig im Potsdamer Waschhaus: Die Pickers.
Ein Schlagzeuger reißt den Mund auf, kneift die Augen zusammen, wirft den Kopf in jegliche Richtungen. Ein frecher, melodiöser Refrain: „Lass mich rein, oh bitte, ich will ein braver Junge sein.“ Wilde Gitarrenriffs schnellen durch den Saal, um dem Verlangen Nachdruck zu verleihen. Das Potsdamer Publikum spendet kollektiv Beifall. Eine Reihe junger, schöner Mädchen schwingt die Hüften, als würde es kein Morgen geben.
Dabei begann das Konzert der Pickers beim wöchentlichen Rubys Tuesday im Potsdamer Waschhaus so ruhig. Sitzende junge Menschen, die erschöpft schienen von diesem sonnigen Dienstag und zum Ausklang des Tages nur ein bisschen Musik hören wollten. Gelangweilte Blicke durch den sich füllenden Raum, zögerlich wippende Köpfe und die eine oder andere auf den Oberschenkel trommelnde Handfläche. „Hey! Das ist keine Sitzmusik. Euch kriegen wir auch noch zum Aufstehen!“, kommentiert Sänger und Leadgitarrist Lutz-Philipp Rodenbüsch die Situation.
„1000 Meilen“, einer der wenigen deutschen Songs der vier Saarländer, überzeugt. Rock’n’Roll trifft einprägsame Melodiosität, natürlich nicht ohne sich mit dem Lieblingsthema der Band auseinanderzusetzen: Frauen. Was sonst?
Immer wieder kreisen ihre Texte um das andere Geschlecht. Wie kann man Frauenherzen erobern? Mit Musik ist es auf jeden Fall einfacher, hatten die vier sich bei ihrer Gründung 2008 überlegt. Nur kurz machten die Pickers Straßenmusik in Berliner U-Bahnhöfen und wurden schon bald mit Konzertauftritten und Songaufnahmen belohnt. Sie haben Mut zum Krach, auch machen sie keinen Hehl daraus, die Vorzüge des Rockstarlebens zu genießen. Ein Mädchen mit Hut und enganliegenden, schwarzen Leggings kennt jede Textzeile des Songs. Der Gitarrist Alexander Moore lächelt ihr charmant zu. Siegessicher ist er sich seiner Attraktivität bewusst. Das Publikum applaudiert und das anfängliche Misstrauen scheint verflogen.
Nach und nach erheben sich alle, um mit der Musik mitzugehen. „Bright Eyes“ wird gespielt, ein ruhiger, romantischer Song mit einem lyrischen Wasserfall aus Komplimenten. Musikalische Einflüsse der legendären Beatles und der Arctic Monkeys sind in den 16 Songs, die das Bühnenprogramm der Pickers umfasst, unüberhörbar. Zum Verwechseln ähnlich klingt ihre Musik und der allgemeine Konzertgänger hat Schwierigkeiten, eine eigene Note der jungen Band herauszuhören. Und wie zur Bestätigung covert die Band dann zum Ende ihres Konzertes auch noch den Erfolgshit „Love Machine“ von den Artic Monkeys.
Ganz unverblümt lädt Frontmann Lutz-Philipp Rodenbüsch das weibliche Publikum zum Schluss ein, der Band nach dem Konzert Gesellschaft zu leisten und sich zu betrinken. „What happens on tour, stays on tour“, heißt es ja schließlich – was auf der Tour passiert, bleibt auf der Tour.Friederike Haiser
Friederike Haiser
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