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Kultur: Innerer Blick auf Hoffnung

Dritte „Dornenzeit“-Station in der Friedenskirche

Stand:

In sich versunken sitzt Mutter Maria mit geneigtem Kopf, horcht gleichsam in sich hinein. An ihrer Seite ein 12- bis 14-jähriger Jesusknabe, der mit einer Dornenkrone spielt. Das Gemälde des spanischen Malers Francisco de Zurbaran (1598-1662) lässt keinen Betrachter unberührt. Zudem die sinnierende Haltung der Mutter den Betrachter unwillkürlich fragen lässt, ob sie bereits ahnt, was ihrem Kind im Mannesalter bevorsteht?! Es ist ein sehr weltliches Gesicht, wie ein Junge aus der Nachbarschaft. Eine leicht gefügte, aber nicht leidgeprüfte Darstellung.

Dieses Bild im Inneren, erlebte man am Ende der dritten Passionswoche, jene Station der „Dornenzeit“ in der Friedenskirche: die Jesu Verhaftung, dessen Verleugnung durch Petrus und die Befragung durch Kaiphas (Joh. 18, 1-27). Sie waren Gegenstand der meditativen Betrachtungen. Musik und Texte ergänzten einander vorzüglich. Doch nicht nur bei der Lesung des Evangelistenberichtes vertraute Bertram Althausen auf eine sachlich-moderne, rational geprägte Diktion, bei der keine falsche Gefühligkeit aufkommen konnte. Sie konterkarierte sozusagen einen Teil seiner Begrüßungsworte, die da lauteten: „Wir lassen die Tränen fließen, vor Trauer und Scham.“ Doch es schienen trockene Tränen zu sein, die er beschwor. All diese Anmerkungen klangen erfreulicherweise nicht verbittert oder gramgebeugt, sondern richteten einem den inneren Blick auf Leben und Hoffnung.

Genauso zukunftsweisend und zum Nachdenken anregend waren die literarischen Zeugnisse von Peter Spangenberg. „Der moderne Judas küsst nicht“, lautet ein erstes, denn er sei geübt im Verrat. Dann die positive Wendung: „Warum will er Komplize der Lüge sein, nicht Gefährte der Hoffnung?!“ Ähnlich verhält es sich auch mit der Beredsamkeit der Betrachtung „Der moderne Petrus leugnet nicht“, denn er sei geübt in der Ausrede. Heute fragten nicht nur Knechte und Mägde: „Warum willst du Partner der Gewalt sein, nicht aber Gefährte der Freiheit?!“

Tröstliches wusste die Musik zu singen und zu sagen. Mit ihrer vibratolosen, gläsern klaren und instrumental geführten Stimme trug Sopranistin Juliane Sprengel kirchenmusikalische Gesänge vor. Schlicht ertönte Bachs glaubensfestes Lied „Gib dich zufrieden", dem später die Arie „Ich folge dir gleichfalls mit freudigen Schritten“ aus der „Johannespassion“ folgte. Fast atemlos rennend durchmaß sie sie. Etwas spröde und glanzlos erklang das Agnus Dei aus Mozarts „Krönungsmesse“, und auch der empfindungstiefen Arie „Aus Liebe will mein Heiland sterben“ aus Bachs „Matthäuspassion“ fehlte es an stimmlicher Wärme. Alles trug sie objektivierend, mit gleichem neutralen Ausdruck vor. Im „Pie Jesu“ aus Cesar Francks „Requiem“ fand ihr höhenmüheloser Gesang endlich zu Herzenswärme und innigem Glanz.

Begleitet wurde sie von Matthias Jacob an der Woehl-Orgel, der zurückhaltend seines Amtes waltete. Als Solobeiträge hatte er mit den verinnerlicht vorgetragenen Stücken (Buxtehude: d-Moll-Passacaglia; Frank Martin: Agnus Dei pour orgue) gleichsam zwei musikalische Kommentare über das jeweils Gesagte geliefert. Verzweiflungsvoll hebt Buxtehudes Bekenntnis zu Hoffnung und Leben an, das leise und filigran endet – Klangtropfen wie Tränen. Im nasalen Zungenregister verbreitete sich Martins schwebungsreiche Meditation.

Angerührt, wenngleich auch nicht so licht und von mediterraner Leichtigkeit erfüllt wie auf Leinwand gebannt, ging die Hörgemeinde allmählich still auseinander.Peter Buske

Nächste Dornenzeit-Veranstaltung am 25. März, 17 Uhr in der Friedenskirche Sanssouci mit Uta Meyer, Sopran, und Matthias Trommer, Orgel.

Peter Buske

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