Kultur: Ins Barock versunken
Veronika Eberle gibt am Sonntag ein Konzert mit der Kammerakademie in der Friedenskirche
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Den Potsdamer Musikfreunden ist Veronika Eberle schon gut bekannt durch ihre exzellente Interpretation des Violinkonzerts von Alban Berg. Am Sonntag wird die junge Geigerin beim Sinfoniekonzert der Kammerakademie Potsdam nicht nur zwei Konzerte von Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart spielen, sondern auch das Ensemble leiten.
Wie im Barock und in der frühen Klassik üblich tritt sie dabei in Personalunion als Solistin, Konzertmeisterin und Dirigentin auf. „Es ist das erste Mal, dass ich mich dieser Herausforderung und dieser schönen Aufgabe stelle“, sagt Veronika Eberle im Gespräch mit den PNN. „Ich finde es extrem schön, Klassik- oder Barockkonzerte ohne Dirigent zu spielen, weil man nahen Kontakt mit dem Orchester aufbaut und wirklich in die Kammermusik gehen kann.“ Wenn jeder einzelne Spieler noch mehr als sonst gefragt ist, kann die Musik besonders intensiv erlebt werden – sowohl von den Musikern als auch von den Zuhörern. Das Programm lädt dazu ein, sich in diese Epoche hineinzuversetzen – eine Zeit, als die klassische Musik noch ganz in ihrer Jugendblüte stand.
Alle vier Komponisten, neben Haydn und Mozart auch Felix Mendelssohn Bartholdy und Antonio Rosetti, haben voneinander gelernt und doch jeweils ganz eigene, unterschiedliche Welten geschaffen. Indessen hatte es der junge Mendelssohn nicht so einfach angesichts einer sinfonischen Tradition, die von Komponisten wie Haydn, Rosetti und Mozart geschaffen worden war. Wie fleißig er die großen Vorbilder studiert hat, merkt man seinen im Alter von 12 bis 14 Jahren geschriebenen Streichersinfonien noch deutlich an. Sie verweisen auf Modelle aus der älteren italienischen und der norddeutschen Schule und dem Barock, lassen aber zugleich die genuine Musikalität von Mendelssohn erkennen. Das fordert nicht nur Vergleiche mit dem jungen Mozart heraus, sondern deutet auch auf zukünftige Meisterwerke wie die Hebriden-Ouvertüre und die Schottische Sinfonie.
Während Mozarts Violinkonzerte weltbekannt sind, gilt das nicht für Haydns drei Konzerte dieser Gattung. Doch der mit Haydn gut befreundete italienische Konzertmeister Luigi Tomasini konnte damit seine Virtuosität bei den Konzerten im Schloss Esterházy glanzvoll präsentieren. „Für mich ist Haydn ein Komponist, der immer noch viel zu wenig gespielt wird“, sagt Eberle, „dabei geht er sehr unorthodox vor und das Violinkonzert C-Dur steckt voller Überraschungen, wenn auch die barocke Form die Basis bildet.“ Für Veronika Eberle ist der zweite Satz im Serenadenstil einer der schönsten Sätze in der Geigenliteratur.
Bereits Mozart verehrte „Papa Haydn“ sehr, mit dem er manchmal in Wien zusammen Quartett spielte. Dieser wiederum lobte seinen Schützling als den „größten Komponisten“, den er kenne. Als Mozart seine Violinkonzerte schrieb, war er noch nicht einmal zwanzig Jahre alt. Jenseits von Schema und Formel experimentierte er freimütig mit italienischen und französischen Elementen.
Wie Mozart im Violinkonzert KV 218 eine Melodie nach der anderen in den Topf wirft, sei einfach wunderbar, findet Veronika Eberle: „Man meint, den Charakteren einer Oper zuzusehen, auch wenn D-Dur eine Tonart ist, die viel bei Jubiläumsmusik und Triumphmärschen verwendet wurde.“ Für ihre Interpretation bezieht sich Eberle auf das Originalmanuskript, das für sie als Musikerin die wichtigste Quelle darstellt. „Es ist ein Geschenk, zu sehen, wie Mozart die Noten aufs Papier gebracht hat – und dann daraus seine eigenen Schlüsse zu ziehen.“ Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht immer, so auch nicht bei der Sinfonie von Antonio Rosetti, einem der sogenannten Vorklassiker, der immer noch unterschätzt wird. Dabei weist auch seine lebendig sprühende g-Moll-Sinfonie den Weg zur Klassik. Einmal mehr zeigt sich, dass umso schönere Schätze geborgen werden können, je tiefer man sich in die Musik hineinbegibt. Langweilig wird es dabei sicher nicht, schon gar nicht für die viel gefragte Veronika Eberle.
Mit ihrer von der Nippon-Foundation geliehenen Stradivari namens Dragonetti spielt die 27-Jährige in aller Welt. In diesem Jahr stehen unter anderem das Brahmskonzert und erstmalig das Bartok-Violinkonzert auf dem Plan, außerdem gibt es Debüts mit dem Symphonieorchester des Bayrischen Rundfunks, dem Philadelphia Orchestra und dem San Francisco Symphony Orchestra, jeweils in den Abonnement-Konzerten der Orchester. Ganz besonders freut sie sich auf eine Konzertserie mit dem Oktett von Franz Schubert. Da kann die intime Intensität der Kammermusik wieder hautnah erlebt werden – wie beim Konzert mit der Kammerakademie am kommenden Sonntag in der Friedenskirche Potsdam Sanssouci. Babette Kaiserkern
Das Konzert mit Veronika Eberle und der Kammerakademie Potsdam – „Vom Wachsen und Werden – Eine musikalische Genealogie“ – findet am Sonntag, 21. Februar, um 18 Uhr in der Friedenskirche, am Eingang Park Sanssouci, statt.
Babette Kaiserkern
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