FH Potsdam: Inspirieren statt Separieren
Zu viele Menschen, zu wenig Platz. Das kennen die Studenten der FH Potsdam nur zu gut und entwickeln deshalb moderne Raumkonzepte – und fordern weniger Privatheit.
Stand:
Potsdam - Der Fantasie Luft lassen, Träume gestalten, Wunschbilder malen – und dabei gleichzeitig handfeste Probleme angehen. Geht das? So jedenfalls nähert sich eine Gruppe von Studenten der Fachhochschule (FH) Potsdam dem Platzproblem in den eigenen Räumen. Zu viele Studenten, zu wenig Fläche. Vor allem an gemeinsamen Arbeitsplätzen, Freizeiträumen und einem Inspirationsbereich fehlt es, sagt Kommunikationsdesignstudentin Johanna Schmitz. Mit 20 Kommilitonen aus den Studiengängen Kommunikationsdesign, Produktdesign und Interfacedesign hat sie sich unter dem Thema „Design Thinking“ ein Semester lang intensiv mit Raumgestaltung und -nutzung auseinandergesetzt.
Was dabei herausgekommen ist, haben die Studenten auf der zweitägigen Werkschau am vergangenen Wochenende auf dem Campus der FH gezeigt. Studenten aller Fachrichtungen präsentierten dabei ungewöhnlich designte Möbel, aber auch philosophische Denkprojekte und Fotoausstellungen. Um die Tücken der Raumgestaltung ging es übrigens gleich mehreren Ausstellern. Dabei sind nicht unbedingt alle auch in die Realität umsetzbar. „Bei uns sind auch fiktive Geschichten dabei, eben Ideen, wie es aussehen könnte“, so Johanna Schmitz.
Wie nutze ich wenig Raum möglichst effektiv?
Und so gibt es unter den Entwürfen etwa eine fantasievoll gestaltete Dachterrasse, auf der man mittels einer 3D-Brille ganz schnell eine Gedankenreise auf eine einsame Insel unternehmen kann. Oder einen Inspirationsapparat, der die Studenten mit kreativen Einfällen beschenkt. Bei aller Träumerei steht aber ein Gedanke im Vordergrund: Wie nutze ich wenig Raum möglichst effektiv?
Ein akutes, großes Problem, das sich nicht nur in der FH findet. In vielen Städten, auch in Potsdam, herrscht Mangel an Wohnraum – bei immer mehr Menschen, die in den größeren Metropolen leben wollen. Was also tun, wenn der Platz eng wird? Studenten aus dem Studiengang Produktdesign haben sich mit der Wohnraum-Frage im Zusammenhang mit dem Eckwerk-Gebäude in Berlin auseinandergesetzt. In dem turmartigen Komplex auf dem Holzmarktgelände werden Studenten und Start-up-Unternehmen untergebracht. Neben der reinen Unterkunft geht es dort vor allem darum, ein intensives Miteinander zu erleben – eben auf relativ engem Raum. „Wir haben uns vor allem damit auseinandergesetzt, wie studentisches Leben heutzutage aussehen kann, wie unser Tagesrhythmus ist, wie wir arbeiten“, sagt Masterstudent Rolf Brändle. So hat er gemeinsam mit Kommilitonen ein architektonisches Konzept erarbeitet, bei dem der Wohnraum des Einzelnen verkleinert, die Gemeinschaftsräume hingegen vergrößert werden. Der Ansatz dahinter: Mehr Zeit miteinander zu verbringen, mehr zu kommunizieren, sich gegenseitig neue Impulse zu geben. „In Zukunft wird es wichtig sein, dass wir mit mehr Menschen auf der gleichen oder sogar auf weniger Fläche leben“, so Brändle. Und letztendlich, fügt er hinzu, braucht man ja auch nicht so viel Platz im eigenen Zimmer, wenn man Arbeit und Aktivität nach draußen verlagert.
Weniger Müll
So werden im Entwurf der Studenten auch die Badezimmer zu Gemeinschaftsräumen, in denen einer die Zähne putzt, der andere daneben duscht und ein Dritter vielleicht sogar noch die Toilette benutzt. In dem Entwurf, der laut Brändle direkt mit in die reale Umsetzung einfließt, geht es auch darum, Lebensraum nachhaltiger zu gestalten.
Dabei spielt nicht nur das Baumaterial eine Rolle, sondern auch der Verbrauch von Wasser, Verpackungsmaterial oder Lebensmitteln. „Wir haben uns sehr viele Gedanken gemacht, wie man beispielsweise Müll reduzieren kann“, so der 26-jährige Student. Unter anderem haben sie eine röhrenförmige Einkaufstasche entworfen, deren stabile Fächer ein verpackungsfreies Einkaufen ermöglichen. Eine schöne Idee, die sich auch im wahren Leben gut umsetzen ließe. Ob studentisches oder gar städtisches Wohnen aber wirklich als Begegnungsraum konzipiert werden kann, wenn dabei weniger Privatheit, weniger Möglichkeit, sein individuelles Reich zu gestalten, zulässt, bleibt fraglich. Darüber nachzudenken lohnt sich allerdings allemal. Und vielleicht hilft der Inspirationsapparat sogar beim Umdenken.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: