Kultur: Jazz im Regen
Jazzlabel Zetaton mit seinen Künstlern in Nedlitz
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Jazzlabel Zetaton mit seinen Künstlern in Nedlitz Als sich Coco Schumann mit seiner Gitarre auf die Gartenveranda setzt und mit seinem Quartett zu spielen beginnt, lehnen sich die zahlreich eingetroffenen Besucher am späten Sonnabend Nachmittag auf den Bierbänken entspannt an ihre Begleitung. Etwas befangen waren die meisten, fand doch das hochkarätige Jazzkonzert in einem Privatgarten statt, der sich zudem noch in einer Gegend von Potsdam befindet, der den wenigsten vertraut ist. Wer auch nur eine Busstation versehentlich zu früh ausstieg, fand sich inmitten der brandenburgischen Wildnis, wo es statt Bürgersteigen rasende Autos gibt, und jedes der wenigen Häuser von Hunden bewacht wird, die Umherirrende als potentielle Eindringlinge betrachten. All das ist schnell vergessen bei den Klängen des 80-Jährigen Coco Schumann, der eine so ansteckende Lebensfreude ausstrahlt, dass die kleinen Ärgernisse des Tages nicht mehr zählen. Eingeladen hatte die Familie Wegener zu einem musikalischen Sommerfest. Jazzklänge in dem weitläufigen Garten haben Tradition, hat doch der vor zwei Jahren verstorbene Maler Wolfgang Wegener alljährlich Freunde und Bekannte eingeladen, um bei Livemusik seine neuen Bilder zu zeigen. Gemeinsam mit dem Berliner Label Zetaton, auf dem Tochter Caroline ihre Musik veröffentlicht, soll nun diese Tradition wieder belebt werden. Die Gastgeberin spielt als erste und empfängt die Ankommenden mit perlenden Klängen, die aus dem Wohnzimmer tropfen. Das Klavier ist durch das Fenster zu sehen, die Musikerin nur zu hören. Die schwebenden Improvisationen atmen Zurückgenommenheit und Melancholie. Als sich die Geigerin Ulrike Dinter dazugesellt, mag man zunächst an Kaffee und Kuchen denken und doch viel lieber genauer zuhören. Das Catering hat ohnehin mehr auf Abend orientiert und bietet Alkoholika und Bratwürste an, was nicht so recht zu der feinsinnigen Musik passen will. Coco Schumann würde bei der Kategorisierung Cafehausmusik möglicherweise nur mit den Schultern zucken. Seine Interpretationen bekannter Jazzstandards sind geprägt von Leichtigkeit und Respekt. In den knappen Ansagen stellt er jedes einzelne Stück als ein Lieblingslied vor, nennt die Namen der Urheber und betont seine Verehrung. Die eigentliche Verbeugung aber ist sein Spiel, das ganz ohne Exzentrik dem Charme der Stücke gewidmet ist, die unter den Händen des alten Mannes ganz jung erscheinen. Respektlos allerdings war der Himmel. Die Regenschauer wurden immer dichter, vertrieben erst das Coco-Schumann-Quartett von der Veranda, dann das Publikum unter die Zelte im hinteren Teil des Garten. Viele blieben voll Hoffnung, trockneten immer wieder die Bänke und hockten sich unter die Regenschirme. Als der Regen nachlässt, wagen sich Hannes Zerbe und Dieter Unkrodt unter die Markise. Der eine am Elektropiano, der andere an der Tuba, präsentieren sie eine ganz andere Variante des Jazz, keine Standarts, sondern Improvisationen, unter anderem zu Themen des polnischen Komponisten Witold Lutoslawski. Ernsthaftigkeit und Spielfreude sind auch ihnen anzusehen, für Petra Batsakis, Event-Managerin von Zetaton, die wichtigsten Kriterien, nach denen das Label seine Künstler auswählt. Die private Initiative der Familie Wegener war ein willkommener Anlass, die Bandbreite des Labels in Potsdam vorzustellen. Ab September will Zetaton regelmäßig Jazz nach Potsdam bringen, immer am Ende des Monats im Logenhaus. Dann kann kein Wetter der Musik etwas anhaben. Den meteorologischen Widrigkeiten zum Trotz soll aber auch die Tradition der jährlichen Jazz-Sommerkonzerte in Nedlitz fortgesetzt werden. Lene Zade
Lene Zade
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