Kultur: Jubeln, was die Noten hergeben
Singakademie Potsdam begeistert mit Händel und Bernstein im Nikolaisaal
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Singakademie Potsdam begeistert mit Händel und Bernstein im Nikolaisaal Für Händel tragen die Damen über ihren schwarzen Obergewändern traditionell ihre rostrotbraunen „Kittelschürzen“, die sie bei der Begegnung mit Bernstein gegen Chiffontücher in Regenbogenfarben austauschen. poppig aufpeppen. Diese peppige Ausstrahlung durch ein poppiges Outfit bekommt dem Sinfonischen Chor der Singakademie Potsdam gut. Die Herren (ganz in Anzugsschwarz) profitieren davon. Auch stimmlich. Für ihren Auftritt im Nikolaisaal hat sich die zahlenmäßig schon nicht gerade kleine Sangesgemeinschaft aus Potsdam zusätzlich die Chorvereinigung Sachsenring Zwickau eingeladen, um gemeinsam mit ihr deren bevorstehendes 50-jähriges Bestehen klanglich zu trainieren und vorzufeiern. Mitte November reisen die Potsdamer dann zum Festakt nach Zwickau. Prächtiger als mit Händels „Dettinger Te Deum“ lässt sich das Ereignis kaum feiern, hat es doch schon 1743 bei einem Dankgottesdienst in London den Sieg im österreichischen Erbfolgekrieg über die Franzosen in Dettingen gebührendgepriesen. Trompetenglanzvoll und paukenumwirbelt drängt sich der Vorspann des virtuos vertonten Ambrosianischen Lobgesangs in die Ohren. Ihm folgt die machtvoll angestimmte Chorjubelpassage „Wir preisen dich, Gott!“ Gesungen wird das englische Original allerdings in Deutsch. Unter der anfeuernden Leitung von Singakademie-Dirigent Edgar Hykel begleitet das Brandenburgischen Staatsorchesters Frankfurt flexibel und klangschön. Um eine historisierende Spielweise müssen sich die Musiker dabei nicht kümmern, denn bei aller Lebendigkeit wird jene romantisch geprägte Wiedergabetradition gepflegt, wie sie bei solchen großchörigen Aufgeboten seit Dezennien üblich ist. Dennoch überrascht, wie leicht und locker die Chormassen in stimmliche Aktion gebracht sind. Das spricht für die vorzügliche chorerzieherische Arbeit von Edgar Hykel, einem in diesem Metier erfahrenen Stimm-Bildner. Die Gäste aus Zwickau (einstudiert von Reinhold Stiebert) integrieren sich vorzüglich, sodass homogen zusammenklingt, was zusammen gehört. Alle Stimmgruppen verfügen über Glanz, und es wird sauber intoniert. Die Solisten passen gleichfalls famos zueinander, wenngleich sie in diesem Chorhymnus nicht allzu oft und ausgiebig in klangliche Erscheinung treten müssen. Christine Wolff (Sopran) trägt ihre Einwürfe mit instrumental geführter Stimme vor. Von Marina Prudenskajas ausdrucksvollem Mezzosopran ist textlich so gut wie nichts zu verstehen. In bewährter wohllautender Diktion singt Thomas Wittig die Basspartie, während Markus Liske mit seinem jugendlich-lyrischen Tenor erst als naturburschenhafter und stimmglänzender Tony (aus der „West Side Story“) ganz bei sich ist. In diesen zwei Suiten, einer lyrisch geprägten und einer eher rhythmisch-swingenden, kommen oratorisch geprägte Stimmen rasch an ihre Grenzen, auch wenn sie am Anfang ihrer Karrieren an Opernhäusern engagiert waren. Und so ist Musicalfeeling nicht unbedingt Thomas Wittigs Welt, und auch Christine Wolff als Maria spielt und singt mehr Temperament, als dass sie es von Hause aus besäße. Im Gegensatz zu Orchester und Chor. Die drehen zwischen Sentiment und Synkopen gar mächtig auf, swingen was das Zeug hält. Der Jubel kennt keine Grenzen. Auch nicht für die zuvor in kleiner Besetzung (war''s nur die Singakademie?) und Hebräisch gesungenen „Chichester Psalms“ von Leonard Bernstein. Zu drei Trompeten (wie schon beim Händel) gesellen sich drei Posaunen und reichlich Schlagwerk, die für viel rhythmischen Wind im Streichergefüge sorgen. Mitreißend wird musiziert. Das von der Harfe zart umspielte Knabensolo im Psalm 23 „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“ singt Robert Schmalz ein wenig zu zaghaft. Insgesamt beeindruckt der Psalmenvortrag voller pastoraler Glückseligkeit jedoch sehr. Peter Buske
Peter Buske
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