Kultur: Jung und ernst trifft alt und wild „Wir sind die Neuen“ Filmgespräch im Thalia
Welch ein herrlich paradoxes Szenario. In Ralf Westhoffs neuer Komödie „Wir sind die Neuen“, die am Freitagabend im sehr gut besuchten Thalia als Vorpremiere gezeigt wurde, entspinnt sich ein Generationenkonflikt mit umgedrehten Vorzeichen.
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Welch ein herrlich paradoxes Szenario. In Ralf Westhoffs neuer Komödie „Wir sind die Neuen“, die am Freitagabend im sehr gut besuchten Thalia als Vorpremiere gezeigt wurde, entspinnt sich ein Generationenkonflikt mit umgedrehten Vorzeichen. Da beschließen drei Alt-68er-Singles aus Geldmangel und Nostalgie, sich in München eine Wohnung zu teilen und so ihre einstige Studenten-WG wieder aufleben zu lassen. Schnell fühlen die drei sich in alte Zeiten zurückversetzt. Bis weit in die Nacht sitzen sie am Küchentisch, trinken Rotwein, philosophieren und hören die Schallplatten von damals. Und staunen nicht schlecht, als sich schon bald drei junge Studenten, die in der Wohnung darüber leben und dort für ihr Examen lernen, bei ihnen über die laute Musik beschweren. Es ist der Auftakt zu einem Nachbarschaftskrieg. Auf denkbar komische Weise prallen plötzlich zwei völlig unterschiedliche Welten aufeinander, treffen ganz unerwartet Ideale von einst auf Lebensentwürfe von heute.
„Wir sind die Neuen“ ist nach „Shoppen“ und „Der letzte schöne Herbsttag“ der dritte Film des Regisseurs und Drehbuchautors Ralf Westhoff. Ein Film, der vor allem durch seinen scharfzüngigen Dialogwitz, sein nahezu perfektes Timing und seine sehr authentischen Figuren besticht, die von Gisela Schneeberger, Heiner Lauterbach und Michael Wittenborn (als die Alt-WGler Anne, Eddi und Johannes) und von Claudia Eisinger, Karoline Schuch und Patrick Güldenberg (als die Jungstudenten Katharina, Barbara und Thorsten) mit Bravour und großer Spielfreude verkörpert werden.
Dass sich dieses namhafte Ensemble am Set, aber auch abseits der Dreharbeiten gut verstanden hat, glaubt man Westhoff, der auch selber oft in WGs gelebt hat, gern. Da sich ja alles in einem Haus abgespielt habe, sei es fast ein bisschen wie in einem Ferienlager gewesen, sagt der 44-Jährige im kurzen Filmgespräch. Claudia Eisinger, die an diesem Abend ebenfalls zu Gast ist, kann dem nur zustimmen und erwähnt die schon fast harmonische Zusammenarbeit zwischen den Jungen und den Alten, wobei man von Letzteren auch unheimlich viel habe lernen können. Bis jedoch auch im Film die jungen von den alten Leuten lernen und umgekehrt, dauert es ein Weilchen. Zunächst giftet man sich bei jeder Gelegenheit an. Sei es im Treppenhaus, auf dem Hof oder am Altglascontainer vor dem Haus – die Akteure beider Generationen liefern sich einen verbalen Schlagabtausch nach dem anderen und brillieren geradezu in ihren bissig-frechen Dialogen, worüber sich das Publikum jedes Mal köstlich amüsiert.
Während sich die Konflikte weiter zuspitzen, fällt aber auf, dass Westhoff die Generationen nicht etwa gegeneinander ausspielt, sondern vielmehr deren Marotten entlarvt, etwa das beinahe schon spießige Gebaren der leistungsfixierten Studenten einerseits und die zuweilen peinlich lächerliche Weise, mit der die Senioren ihren alten Träumen nachhängen, andererseits. Als sich dann in beiden WGs interne Probleme häufen, finden die zerstrittenen Nachbarn schließlich neue Wege zueinander, kommt es endlich zu einer Annäherung zwischen den Generationen.
So ist „Wir sind die Neuen“ nicht nur eine vor Wortwitz nur so sprühende, intelligente und mit gesundem Humor erzählte, sondern auch eine gefühlvolle, dabei jedoch nie ins Kitschig-Sentimentale abgleitende Komödie. Ein Film, der Spaß macht und rasch eine gewisse Wohlfühlatmosphäre verbreitet. Bei Jung und Alt. Daniel Flügel
Daniel Flügel
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