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Kultur: Kaffeezeit bei Lenné

Letzte Veranstaltung 2006: „Im Garten vorgelesen“

Stand:

„Weise gehen in den Garten“ steht als Spruch hoch oben an der Hauswand in Bornstedts Potsdamer Straße 187. Es ist das Anwesen des promovierten Gartenhistorikers und Sachbuch-Autors Clemens Alexander Wimmer. Auf seinem tiefgestaffelten Grundstück organisierte die Urania am Wochenende ihre für dieses Jahr letzten Veranstaltungen „Im Garten vorgelesen".

Wimmer selbst hatte Briefe zusammengetragen, die mit Preußens bedeutendstem Gartenkünstler Peter Josef Lenné zu tun hatten, von ihm selbst stammten, an ihn gerichtet waren oder ihn zumindest betrafen, etwa hinsichtlich einer Gehaltserhöhung mit Empfehlung auf Erhöhung seines Standes durch Gartenintendant von Massow, was Friedrich Wilhelm IV. dann 1853 auch allergnädigst gewährte. Fast so guter Besuch am Samstag wie immer, zumal die „Pauserei" aus der Hebbelstraße mit einer leckeren Kaffeetafel aufwarten konnte. Sonne, böiger Wind, viel Grün, und als Zugabe das Gebrumme eines nachbarlichen Rasenmähers, was dem gediegenen Konzert von Birgitta Winkler (Flöte) und Tatjana Schütz (Harfe) freilich kaum Abbruch tat. Klaus Büstrin las was Vater Lenné seinem namensgleichen Sohn von Koblenz her für die Lehrausbildung mitgab: Er möge seinen Weg in der Forstbotanik suchen, den Vorgesetzten „höflich und vertraut“ tun, die Nähe zu den Herren Hofgärtnern hingegen meiden. In die fast süffisante Korrespondenz zwischen Fürst Pückler und Lenné, die sich bekanntlich spinnefeind waren, konnte der souveräne Vorleser zum Vergnügen des Publikums sehr viel belebenden Sarkasmus hineinweben.

Was erwartet man nun von dem Hortus eines Gartenarchitekten? Gestaltete Gediegenheit aus Sachverstand. Wimmers Garten hat vieles davon. Im Hofbereich begrüßt das Halbrund eines Betonbrunnens den Besucher, überschaubare Blumenbeete, Obstbäume, von denen der Gastgeber vorzüglich die alten Sorten kultiviert, dazwischen Rasenflächen. Eine Hecke teilt Vorne und Hinten.

Ungewöhnlich die musikalische Seite dieser Urania-Veranstaltung: Mit Stücken von Joseph Laubers (gest. 1952) und Bernard Andres (geb. 1941) ging es diesmal in der Chronologie retour: Gabriel Fauré mit dem Sicilienne op. 78 von 1898, Debussys „Syrinx“ für Solo-Flöte, dann Louis Spohr, dessen Harfensolo um die Wende zum 19. Jahrhundert wohl das Schönste dieses ohnehin schönen Nachmittags war: Geht die Zeit voran, so nimmt das Harmoniebedürfnis offenbar ab. Die Textauswahl hätte man sich biographischer vorstellen können, denn trotz eines Einführungsdialogs zwischen Büstrin und Wimmer war nicht immer zu verstehen, warum Figuren wie Sello oder Gartendirektor Schulze so in den Vordergrund treten mussten. Eitel-Pückler gehörte, den Weisen zum Nutzen, unbedingt dazu. Nach der 61. Lesung am Sonntag sind die Gärten nun geschlossen. Bis zum nächsten Jahr dann! Gerold Paul

Gerold Paul

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