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Von Erhart Hohenstein: Kaisers Ehestandsmedaille

Potsdamerin bereichert Ausstellung „Aus allerhöchster Schatulle“ um wertvolles Exponat

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Als der Pasewalker Malermeister Ferdinand Wilhelm Siebenhaar und seine Ehefrau im März 1898 Goldene Hochzeit feierten, zählte der deutsche Kaiser zu den Gratulanten. Wilhelm II. schickte per Post ein Glückwunschschreiben sowie eine silberne Medaille mit seinem Konterfei und dem seiner Gemahlin Auguste Viktoria. In der Familie Siebenhaar ist diese Rarität mehr als ein Jahrhundert aufbewahrt worden. Gestern übergab die Urenkelin des Malermeisters, Sibylle Schmeichel, geborene Siebenhaar, die Medaille als Leihgabe für die bis Anfang Januar im Potsdam-Museum laufende Sonderausstellung „Aus allerhöchster Schatulle“. Sie zeigt Präsente, die das Kaiserpaar und die preußischen Prinzen als Zeichen der Wertschätzung an verdiente Bürger überreichen ließen.

Im Museumshaus Benkertstraße 3 hat Ausstellungskurator Jörg Kirschstein für das kostbare Stück und die Urkunde eigens eine Vitrine eingerichtet. Mehr als 200 solche Geschenke hat er für die Exposition zusammengetragen, vor allem dank der Unterstützung des Sammlers Jörg Geller, aber auch der Verwaltung des Hohenzollernhauses. Ausgerechnet eine der zum 50. und 60. Hochzeitstag verliehenen „Ehestandsjubiläumsmedaillen“ konnte Kirschstein jedoch nicht auftreiben. Diese Lücke wurde nun durch die Leihgabe Sibylle Schmeichels geschlossen. Die Urkunde trägt die Unterschrift von Hermann von Lucanus, dem Chef des Geheimen Zivilkabinetts. Diese Behörde war in Potsdam in der Villa Allee nach Sanssouci 6 untergebracht. Sie war für die Korrenspondenz und private Angelegenheiten des Monarchen zuständig.

Nicht nur weil Goldene Hochzeiten im 19. Jahrhundert noch seltener waren als heute, stellen die Ehestandsmedaillen eine Rarität dar. Ein streng sittlicher Lebenswandel, ein makelloser Ruf und das mit Hausbesitz verbundene Bürgerrecht waren Voraussetzung für die Verleihung. Dies alles wurde durch die Landratsämter vor der Übergabe geprüft. Als Kaiser Wilhelm I. 1882 die Jubiläumsmedaillen stiftete, mussten die Ehefrauen sogar ihre eheliche Geburt nachweisen.

Damit hatten die Siebenhaars allerdings keine Probleme. Der wohlhabende Handwerksmeister besaß in der Pasewalker Grünstraße 22 ein Wohn- und Geschäftsgrundstück. Siebenhaar genoss in seiner Heimatstadt hohes Ansehen, so übernahm er kostenlos Restaurierungsarbeiten in den Kirchen der Stadt. Sein Betrieb wurde von seinem Sohn Erich und den Enkel Heinrich bis 1975 weitergeführt und dann aufgegeben.

Sybille Schmeichel lebt mit ihrem Ehemann Bernd seit 1970 in Potsdam. Nach der Wiedervereinigung ließ sie das rückübertragene Haus ihres Urgroßvaters mütterlicherseits, des Hoflieferanten und Glasermeisters Robert Daedelow, in der Jägerstraße 11 sanieren. Als Potsdam- und Preußenfan hat sie neben der Ehestandmedaille auch andere Erinnerungsstücke aufbewahrt. Dazu zählt ein Heft „Mein Vater im Krieg“. Es war ihrer Mutter, damals ein kleines Mädchen, bei einem Krankenbesuch des schwer verwundeten Vaters in der während des ersten Weltkrieges zum Lazarett umfunktionierten Orangerie von Kaiserin Auguste Viktoria übergeben worden. Sybille Schmeichel freut sich, dass das Potsdam-Museum mit dem Alten Rathaus nun endlich angemessene Räumlichkeiten zur Darstellung der Stadtgeschichte erhalten soll.

Die Ausstellung ist bis 4. Januar im Potsdam-Museum in der Benkertstraße 3 zu sehen. Geöffnet ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr.

Erhart Hohenstein

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