Kultur: Kammermusikalisch intim
Geistliches Osterkonzert in der Klein-Glienicker Kapelle mit Verena Wehling und Ulrich Eckhardt
Stand:
Geputzte Menschen, wohin das Auge blickt – ein ganz lebendiger Goethescher Osterspaziergang. Viel aufbrechendes Grün hat auch Frau Flora angelegt, und mancher überlad’ne Kahn zieht am Glienicker Horn vorüber. „Jeder sonnt sich heute so gern“, stellt Faust fest, „sie feiern die Auferstehung des Herrn“.
Wer da am Ostrernachmittag den Gang in die kühlende Klein-Glienicker-Kapelle findet und bleibt, will sich am traditionellen „Geistlichen Konzert zum Osterfest“ erfreuen. Diesmal bestreiten es die Bratscherin Verena Wehling (vom Deutschen Symphonie-Orchester Berlin) und Organist Ulrich Eckhardt, gewidmet dem verstorbenen Ehepaar Braun, Stifter der Schuke-Orgel. Beide treten überdies unentgeltlich auf, bestimmen das Benefiz für den Erhalt der Kirchenmusik an diesem reizvoll gelegenen Ort.
Während im Freien „behend sich die Menge durch die Gärten und Felder zerschlägt“, erklingt drinnen vollmundiger Saitenklang, wie man ihn sich von der Altgeige erwartet. „Doch hat dies Instrument etwas so Trauriges, etwas so zur sanften Klage Gestimmtes, dass man es nicht in die Länge allein anhören kann“, wie’s bei Daniel Schubart zu lesen steht. Wie schön, dass die begleitende Orgel solchen Eindruck gleich zu Anfang mit Johann Sebastian Bachs Trio-Sonate G-Dur BWV 530 zu mildern versteht. Sie hält sich klanglich zurück, was dem Musizieren eine geradezu kammermusikalische Intimität verleiht. Dabei handelt es sich, wie bei allen erklingenden Duostücken, um Bearbeitungen. In diesem wie auch im Fall der e-Moll-Sonate BWV 528 sind’s Piecen aus der Sammlung von sechs Sonaten für Pedalclavichord/Pedalcembalo. Dieses Filigrane und Cembaloähnliche ist bei der schlichten Begleitung der Bratsche noch deutlich zu hören, während diese mit fast unentwegtem figurativem Spiel aufwartet. Dem festlich-freudigen Vivace, passend zum Anlass der Auferstehung Jesu, folgt ein Lento, das von der zärtlich-innigen Melodie der Altarie „Schließe, mein Herze, dies selige Wunder fest in deinen Glauben ein“ (aus der dritten Kantate des „Weihnachtsoratoriums“) geprägt wird. Mit fast schmerzlich-süßer Intensität erklingt es. Durchweg gedeckte Klänge beherrschen dagegen die e-Moll-Sonate.
Aus Bachs spielunterweisendem „Orgelbüchlein“ spielt Ulrich Eckhardt die Choräle „Erstanden ist der heil’ge Geist“ BWV 628 und „Erschienen ist der herrliche Tag“ BWV 629 ganz im Sinne der Vorrede: „Dem höchsten Gott allein zu Ehren, dem Nechsten draus sich zu belehren.“ Der Eindruck handwerklich-gottesdienstlichen Spiels ist – ganz im Sinne Bachs – nicht von der Hand zu weisen. Ihr Solo, die doppelgriffreiche c-Moll-Passacaglia aus den „Rosenkranz“-Sonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704), spielt Verena Wehling statt von der Orgelempore im Altarraum: mitunter ein wenig romantisch eingefärbt, manchmal ein bisschen spröde, aber immer mit Ausdruck. Zum Schluss erklingen Sechs Stücke op. 47 in der Zubereitung für Viola und Orgel, die sich als zarte Tongebilde im Stile Bachs anhören: kurzweilig, stimmungskontrastierend, den Satzbezeichnungen wie Gigue, Canzonetta, Scherz oder Sicilano vollauf entsprechend. Mit einer liedhaften, flinken Fuge endet das einstündige, beifallsfreudig aufgenommene Konzert.
Für den Nachhauseweg spielen die beiden Künstler den romantischen Rheinbergerschen „Abendfrieden“, bei dem sich die Altgeige endlich ganz hingebungsvoll die Seele aus dem Korpus singt.Peter Buske
Peter Buske D
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