Kultur: Katholische Gelassenheit
Der Hobby-Theologe José Garciá in der „arche“: Der da-Vinci-Code irrt rundherum
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Orientierungshilfe in der „arche“ für ein Thema, das zurzeit anscheinend viele Gemüter und Medien erregt: Der Kölner Journalist, Filmkritiker und bekennende „Hobby-Theologe“ José Garciá referierte am Dienstag über „Fiktion oder Wahrheit“ in Dan Browns erfolgreichem Buch „Sakrileg“.
Weltweit wird es in 60 Millionen Exemplaren verkauft, der dazugehörende, von Sony-Pictures produzierte Film erlebte sogar die größte und eiligste Werbeaktion dieser Branche – „bevor sich herumspricht, dass es sich nicht lohnt“, sagte Garciá.
Siebzig Prozent der Einnahmen stammten allerdings nicht aus den USA; bei Mel Gibsons „Passion“ war der Proporz fast umgekehrt. Meinungsforscher bestätigen die Wirkung dieses Romans: So glauben 25 Prozent der französischen Leser an die von Brown gesetzte Ehe zwischen Jesus und Maria Magdalena, zwei Drittel der englischen, dass beide sogar Nachkommen hatten, woraus sich sowohl die Merowinger als auch die Habsburger legitimierten.
„Alles Quatsch!“, meinte der Redner, in den vier „wortwörtlich überlieferten“ Evangelien finde sich kein Hinweis darauf. Man dürfe allerdings nicht schweigen, wenn Brown in seinem aus Fiktion (das Ideelle) und Wirklichkeit (Originalschauplätze) zusammengesetzten Roman unterstelle, der von Rom gelehrte Glaube bestünde aus Verheimlichungen und Fälschungen. Schon im Vorwort kündigte er ja an, „die Grundfesten der Kirche zu erschüttern“.
Behufs der historisch-kritischen Methode, und von vermeintlichen Autoritäten wie Heininger, Bock oder Hesemann gestützt, bewies Garciá klipp und klar, dass es weder eine Verschwörung der römischen Kirche gäbe noch jene im Buch operierende Geheimorganisation „Die Weisen von Sion“, zu der neben Botticelli und Newton auch Leonardo da Vinci gehört haben soll. Sein „Letztes Abendmahl“ war das Ärgernis schlechthin, kein Kelch auf dem Tisch, an Jesu Seite statt Johannes seine angebliche Braut, welche er, nach einer koptischen Apokryphe, mehr als alle Jünger liebte und „auf den Mund“ geküsst hätte; nur breche der Originaltext, so der katholische Referent, genau bei „auf den ...“ ab. Woher hatte Brown sein Jesus-Bild? Von den häretischen Gnostikern, einer philosophierende Sekte, die den Leib nicht achtete und Initiation zum Höchsten mit Wissen und Gnade verband. Auch die feministische Theologie habe viel Verzerrung im Glauben gebracht, sie schlug sogar Maria Magdalena anstelle von Petrus zur „ersten Päpstin“ vor. Alte Kamellen. Doch im Grunde sagte Garciá nichts anderes als das, was man in letzter Zeit bereits lesen oder sehen konnte: Brown verkauft seine Fiktion auf der „Meta-Ebene“ des Lesens als Wissenschaft, während im Film („handwerklich gut gemacht“) nun wieder Wort und Bild nicht zueinander passten – die eilige Optik bringt nicht herüber, was der Text vermittelt, so der Fachmann. Kurz, er halte sich nicht an die („geschichtliche“) Wahrheit.
Ein Hauch von Herablassung war schon zu spüren, als er mit kunstwissenschaftlichen Fachleuten argumentierte, die keinen anderen als den rationalen Zugang zu diesem Thema gelten lassen, zur esoterischen Ikonographie, zur „lingua verta“, mit der man etwa verborgene Textschichten zum Heiligen Gral erkennt.
Kaum Widerstand im Auditorium, man war sich im Glauben („Willensakt“) einig, Browns „da Vinci-Code“ irre rundum, Rom aber werde auch diese Leugnung überstehen – mit einer ostentativen Gelassenheit, die über jeden Zweifel in eigener Sache erhaben ist.
Gerold Paul
Gerold Paul
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