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Kultur: Kaum sinnliches Flair française „Vocalise“-Konzert in der Friedenskirche

Kräftig leuchtend oder verschwommen können sie sein, die „Couleurs françaises“, aber auch harmonisch verfeinert, melodiös, klar konturiert, fast stets voller Charme. Allesamt Utensilien französischer Provenienz, mit denen sich vorzüglich klangmalen lässt.

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Kräftig leuchtend oder verschwommen können sie sein, die „Couleurs françaises“, aber auch harmonisch verfeinert, melodiös, klar konturiert, fast stets voller Charme. Allesamt Utensilien französischer Provenienz, mit denen sich vorzüglich klangmalen lässt. Das sagten sich auch Dirigent Ud Joffe und das Neue Kammerorchester Potsdam, die aus romantischen Ölfarbentuben und modernen Aquarellfarbentöpfen vielerlei Zutaten auf ihre Palette verteilt hatten, um daraus mit kräftigen, dann wieder filigranen Pinselstrichen reizvolle Bilder aus „Französischen Farben“ zu gestalten. Sie waren am Donnerstag zum Programm des 2. Sinfoniekonzerts gefügt und in der Friedenskirche im Rahmen des „Vocalise“-Festivals vorgestellt. Um sie ausgiebig bewundern zu können, war das hartsitzige und knarzende Gestühl in Blickrichtung zur Orgelempore gestellt, damit das finale Orgelkonzert von Francis Poulenc auf dem Woehl-Instrument auch optisch umfassend zu genießen sei.

Dem „Vocalise“-Aspekt entsprechend beginnt der Abend mit sechs Liedern nach Gedichten von Théophile Gautier, die Hector Berlioz unter dem Titel „Les nuits d’été“ (Sommernächte) zusammenfügte. Sie singen auf anrührende Weise von Liebe, Leid und Tod. Vorgetragen werden sie für gewöhnlich von einer Frauenstimme, meistens einem gestaltungsintensiven Sopran. Nicht so an diesem Abend, wo zwei der Gesänge von der Altistin Regina Jakobi gesungen werden: geheimnisvoll und schmachtend „Der Geist der Rose“ (La spectre de la rose) sowie die schmerzaufgewühlte Totenklage „Auf der Lagune“ (Sur les lagunes). Die dunkelsamtige Stimme der Sängerin ist dafür bestens geeignet. Sie strömt breit dahin, vermag zum einen betörenden Rosenduft zu imaginieren und zum anderen nicht weniger gefühlsstark und tieftraurig vom letzten Weg einer verstorbenen Berlioz-Freundin zu berichten. Die wiegende Orchesterbegleitung erinnert geradezu an eine Gondelfahrt zur venezianischen Toteninsel San Michele. Die anderen Lieder singt Norma Nahoun, Preisträgerin des Gesangswettbewerbs Kammeroper Schloss Rheinsberg und gegenwärtig an der Dresdner Semperoper engagiert. Leicht, klar und gefestigt, doch leider nicht immer mit erforderlicher vibrierender Sinnlichkeit tönt ihr lyrischer Koloratursopran. Auch bei ihr bringt das Orchester die diffizilen Farbvaleurs sehr gut zur Geltung.

Schade, dass es gerade in Claude Debussys lustschillerndem „Vorspiel zum Nachmittag eines Fauns“ (Prélude à l’après midi d’un faune) an instrumentaler Geschmeidigkeit und leuchtendem Glanz zu mangeln scheint. Die Klangfarbenspiele geraten ein wenig zu hellgetönt und analytisch. Das wollüstige Räkeln des Hirtengottes breitet sich leider ziemlich prosaisch in kammermusikalischer Transparenz aus. Spannungsbögen reißen immer wieder ab. Nahtloses Fließen und Schwelgen, kurzum: Flair française geht anders. Dagegen erklingt mit allem erforderlichen Raffinement abschließend Poulencs kontrastreiches, dissonanzengeschwängertes Konzert für Orgel, Streicher und Pauken. Den Solopart meistert Joachim Walter, designierter Kantor und Organist der Friedenskirche, mit abrupten Stimmungs- und Farbwechseln, überzeugender Registrierung im pointierten Dialog mit den Musikern ganz vorzüglich. Er wird stürmisch gefeiert – Vorschusslorbeeren für Kommendes. Peter Buske

Peter Buske

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