Kultur: Kehlengold trifft Streicherglanz Polnisches in der Ovidgalerie
Was immer gern vergessen wird: Der in vielfacher Hinsicht legendäre August der Starke war im Sachsenland „nur“ Kurfürst und kein König. Letztere Würde erhielt er durch die Polen, die ihn, nachdem er zum Katholizismus konvertierte, zum König krönten.
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Was immer gern vergessen wird: Der in vielfacher Hinsicht legendäre August der Starke war im Sachsenland „nur“ Kurfürst und kein König. Letztere Würde erhielt er durch die Polen, die ihn, nachdem er zum Katholizismus konvertierte, zum König krönten. Zwei Höfe, in Dresden und in Warschau, gilt es fortan mit den Schönen Künsten barockprachtvoll auszuschmücken. Neben der kurfürstlich-sächsischen Hofkapelle (heute Sächsische Staatskapelle Dresden) sorgt eine königlich-polnische Kapelle für derlei Ambitionen. Das siebenköpfige Ensemble „Alla polacca“ fühlt sich als deren Nachfolger und lud am Donnerstag in der Ovidgalerie Neue Kammern zu einem Musikfestspiele-Ausflug von Warschau nach Dresden und retour.
Zunächst geht es auf eine kirchenmusikalische Reise in polnische Kirchen und Klöster, ehe man weltliche Vergnügungen bei Hofe genießen kann. Am Anfang steht die Begegnung mit dem Zisterziensermönch Stanislaw Sylwester Szarzynski und dessen Concerto „Veni Sancte Spiritus“ für Sopran, zwei Violinen und Basso continuo. Eine strophisch angelegte Lobpreisung Gottes zwischen inniger und leidenschaftlicher Textvertonung, die Iwona Lesniowska-Lubowicz mit ihrem ausgeglichenen, warm und weich tönenden, wahrlich leuchtkräftigen lyrischen Sopran vorträgt. Auch in weiteren Hymnen von anonymen oder namentlich bekannten Klosterkomponisten wie Marcin Jószef ebrowski oder Giovanni Battista Luparini sorgen das angenehme Timbre der Sängerin, die leicht ausgeführten vokalen Verzierungen, ihre ausgeglichene Mittellage und strahlende Höhe für Hörgenüsse der besonderen Art. In der affektgeladenen, koloraturengespickten und dramatischen Luparini-Kantate „In martirio crudele“, vor allem aber in Opernarien von Giovanni Alberto Ristori und Johann Adolph Hasse brilliert sie. Übrigens lässt Hasses Wirken in Dresden die Stadt rasch zum mitteleuropäischen Opernzentrum werden. In Warschau wird seine „Zenobia“ uraufgeführt, aus der Iwona Lesniowska-Lubowicz drei Arien voller Gestaltungsintensität und innerer Anteilnahme total unaffektiert vorträgt. Ihr gold-samtiger Kehlenglanz, virtuoser Furor und unforcierter Gesang begeistern.
Ob nun bei Hofe oder im Kloster: stets wird sie dabei von einem bestens aufeinander eingespielten Instrumentalistenteam gleichwertiger Spielpartner begleitet. Es frönt historischer Aufführungspraxis, baut auf einen Geigenklang voller Wärme, verwendet fürs Continuo sowohl Truhenorgel als auch Cembalo (Paulina Kilarska) sowie Theorbe (Stanislaw Gojny) und Gambe (Irene Klein). Wie schön: Keiner sucht den anderen zu dominieren. So entsteht eine klangschöne Homogenität. Auch einfach gestrickte, dann wieder hochkomplexe Instrumentalstücke profitieren davon. Wie Telemanns „Concerto Polon“ mit diesbezüglichen Volksmusikzitaten und seine mit ausdrucksstarkem Ton kraftvoll gespielte e-Moll-Gambensonate, eine Chaconne für zwei Violinen von Johann Valentin Meder. „Ein Konzert zur Freude der Ohren“, hatte eingangs die das Programm moderierende Cembalistin versprochen. Es wurde beifallsbelohnte Realität. Peter Buske
Peter Buske
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