Das Archiv feierte am Freitag 22. Geburtstag: Kein bisschen leise
Geburtstage sind so eine Sache: Entweder feiert man sie heimlich, um niemandem zu zeigen, dass man älter geworden ist, oder man feiert sie groß und laut, um zu zeigen, dass man immer noch da ist. Das „Archiv“ in der Leipziger Straße hat jedenfalls allen Grund zum Feiern: 22 Jahre alt ist die Erfolgsgeschichte des Hauses, das damals als Reaktion auf das Verschwinden kultureller Freiräume in der Stadt kurzerhand besetzt wurde und heute als das heimliche Zentrum der Subkultur bekannt ist.
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Geburtstage sind so eine Sache: Entweder feiert man sie heimlich, um niemandem zu zeigen, dass man älter geworden ist, oder man feiert sie groß und laut, um zu zeigen, dass man immer noch da ist. Das „Archiv“ in der Leipziger Straße hat jedenfalls allen Grund zum Feiern: 22 Jahre alt ist die Erfolgsgeschichte des Hauses, das damals als Reaktion auf das Verschwinden kultureller Freiräume in der Stadt kurzerhand besetzt wurde und heute als das heimliche Zentrum der Subkultur bekannt ist. Am vergangenen Wochenende wurde das Jubiläum gefeiert, natürlich ganz passend mit einem Punk-Konzert am Freitag und der berüchtigten 80er-Jahre-Party am Samstag. Dabei kam auch das „Archiv“ an seine Grenzen: Mehr Besucher gingen rein brandschutztechnisch nicht in das Haus hinein.
Den Anfang machte das Dresdner Trio Goldner Anker, das ja mittlerweile ein Stammgast in Potsdam ist: feinster Rock’n’Roll mit schönstem sächsischen Akzent. Viel zu schade eigentlich als Anheizer, aber an diesem Abend sollten sowieso nur Highlights auf die Bühne. Die Berliner The Uprising als Nachfolgeband war eher dem amerikanischen Punkrock verpflichtet, der mehr auf Skateboards passt – viel Chorus, viel Singalongs, da braucht man nicht unbedingt die ganz große Message. Zum Tanzen und Springen war die Band natürlich perfekt.
Als ganz großes Highlight kam der Besuch aus Nordirland: The Outcasts gründeten sich im legendären Punk-Jahr 1977 und sind immer noch lebendig, wenn auch in Würde gealtert. Aber die Punkrock-Opas aus Belfast machten schon einiges her: energisch-rotziger Gesang im zuverlässigen Viervierteltakt geht eben auch, wenn man bereits ergraut ist. Auch wenn Sänger Greg Cowan dann nicht „I wanna get drunk!“ bis zum Morgengrauen als Zugabe spielen wollte. Man muss eben Prioritäten setzen können.
Die setzt übrigens auch das Archiv, das für die nächsten 22 Jahre eine kleine Aufhübschung plant: Demnächst sollen Dach und Fassade saniert werden, ein wenig Farbe kann die Dauerbaustelle sowieso vertragen. Ob der Kulturpalast für die Dauer der Arbeiten auch an Konzerten sparen muss, wird sich zeigen. Und am kommenden Wochenende steht bereits das nächste Konzert an: Dann sind nämlich die Punkrock-Legenden Fucking Faces das erste Mal im Archiv zu Gast, unterstützt von Schmachwanderunk und Detti Kuul.
Oliver Dietrich
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