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Kultur: (K)ein eigener Kosmos

Tina Flau und ihre „Zeichensprache“

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Astrophysik und Kunst. Zwei unvereinbare Gebiete, stellt doch die Kunst den höchsten Anspruch an die Freiheit, an Unerklärliches, an Abstraktes, Absurdes. Die Astrophysik hingegen erläutert, stellt fest, hat plausible Erklärungen, ist nützlich. Doch beides hat etwas gemeinsames: offene Fragen, Unfassbares, unendliche Weiten. Genau diese Gemeinsamkeiten findet die Künstlerin Tina Flau so reizend, spannend und herausfordernd.

Ihre Bilder vereinen neben der Kunst und der Physik auch die Sprache mit dem Gezeichneten. Daher der Name ihrer aktuellen Ausstellung „Zeichensprache“ im Museumshaus „Im güldenen Arm“. Sowohl bildhafte Zeichen als auch klar formulierte Worte und Sätze sind in ihren Kunstwerken wiederzufinden, liegen Zeichnen und Zeichen hier so nah beieinander. Tina Flau hat sich mit dem Thema Astrophysik lange beschäftigt. Die offenen Fragen, die fehlende Weltformel, die unerforschten Gebiete haben sie dazu veranlasst, mit diesem Thema und diesen Fragen bildnerisch umzugehen.

Tina Flau liebt die Kippmomente in der Kunst, die Brüche. Deshalb finden sich im ersten Raum neben ihren Bildern zur Astrophysik auch noch Aquarelle, die einen Blickwechsel vom entfernten Weltall zum Alltag auf der Erde ermöglichen. Doch auch diese Bilder haben einen abstrahierenden Charakter, sind verspielt und stellen Perspektiven auf den Kopf. „Trotzdem sind sie nicht abstrakt. Man erkennt etwas auf den Bildern, sie sind konkret“, sagt die Künstlerin. So gelingt es Tina Flau, auf subtile Weise mit dem Betrachter in einen Dialog zu treten, sie bedient sich des gemeinsamen Zeichenvorrats, ermöglicht dem Betrachter klare Bilder, ohne ihn in seiner Interpretation einzuengen. Ihre Bilder stellen keinen eigenen Kosmos ihrer innersten Gefühlswelt dar, dem Betrachter gelingt mühelos der Zugang zum Werk.

Ihre Farb- und Bleistiftzeichungen, die das Weltall darstellen, werden untermauert durch Zitate von Astrophysikern wie Albert Einstein oder Stephen Hawking. Die kurzen Sätze stehen am unteren Rand ihrer Bilder und wirken mal mehr, mal weniger verbunden und zusammenhängend zum Gemalten. „Manchmal habe ich die Bilder aufgrund eines bestimmten Zitates erst angefertigt und manchmal war das Bild schon fertig und beim Lesen stach mir dann ein passender Satz ins Auge.“ Die Zitate ermöglichen dem Betrachter noch eine andere Rezeptionsebene, neben dem Gemalten auch das Geschriebene zu betrachten, es zu reflektieren. Tina Flau hat sich zu dieser Art von Kunst anregen lassen, als sie sich mit der barocken Emblematik näher auseinandergesetzt hat. So sind im nächsten Raum neben Farbtiefdrucken zur Weltentstehung auch Farbtiefdrucke mit darunterstehenden, passenden Originalzitaten aus dem Barock ausgestellt. Der mit Ölfarbe entstandene Tiefdruck, der einen enormen Zeitaufwand darstellt und physische Arbeit für den Künstler bedeutet, ermöglicht im Bild intensive Farben und filigrane, feinste Linien. „Sie lieben sich ohne sich zu berühren“ lautet eine der Bildunterschriften eines Tiefdruckes, der zwei Planeten zeigt, aus denen jeweils eine Pflanze erwächst, ohne sich zu berühren und doch eine Einheit darstellend.

Herausforderungen gehören für Tina Flau zum künstlerischen Geschäft. „Es darf ruhig schwierig sein beim Arbeiten.“ Neben ihren Zeichnungen und Tiefdrucken sind auch Künstlerbücher von ihr zu sehen, die sowohl aus Pappe als auch aus Acrylglas bestehen, in das Tina Flau ihre Kunst eingeritzt hat. Eine Vielfalt an Themen und eine Vielfalt an Kunstformen lassen diese Ausstellung zu einer anspruchsvollen Wanderung werden, bei der man auch das ein oder andere Mal der Ironie und dem Witz begegnet. Anna-Maria Kunath

„Zeichensprache“ ist noch bis 3. Juni im Museumshaus „Im güldenen Arm“, Hermann-Elflein-Straße 3, mittwochs bis sonntags von 12 bis 18 Uhr zu sehen

Anna-Maria Kunath

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