zum Hauptinhalt

Kultur: Keine Chance für Musikmuffel

Ein stark verjüngtes Publikum besuchte verstärkt den Nikolaisaal

Stand:

Ein stark verjüngtes Publikum besuchte verstärkt den Nikolaisaal Gaaaanz langsam, aber unverdrossen geht Tranquilla Trampeltreu, die beharrliche Schildkröte, ihren Weg und setzt Schritt vor Schritt. So kommt sie ihrem Ziel nahe. Von ähnlicher Ausdauer scheint auch das diesjährige Bestreben des Nikolaisaals geprägt gewesen zu sein, möglichst wenig leere Plätze zu (Finanz-)Buche schlagen zu lassen und ein neues, stark verjüngtes Publikum in den Musentempel zu locken. Die Mühen der Ebenen haben sich gelohnt. Die reizvollen Kinder- und Jugendkonzerte, wozu auch die Bekanntschaft mit Tranquilla Trampeltreu gehörte, waren wichtiges Mittel zum Zweck. Ein anderes, der sich betont cool gebende Generation 15 plus den Schwellenschritt ins Reich der Musen mit diversen Crossover-Angeboten und der neuen Reihe „The Voice in Concert“ möglichst stolperfrei zu ermöglichen. Die Bemühungen, Generationen zusammenzuführen und sie keinesfalls gegeneinander auszuspielen, begannen sich auszuzahlen: Auslastungszahlen stiegen, die Vielfalt des Angebots erhöhte sich. Während sich beispielsweise der Jazz weiter auf dem Vormarsch befand, hat die Klassik ein wenig an Terrain verloren. Manch Liebgewordene, wie die Klavierbekanntschaften per Steinway, ging dabei verloren. Neue Programmformen mit ihrem Mix aus Musik, Magie, Moderation und/oder Sprachkunst stießen dabei auf reges Interesse. Ein fördernswerter Trend. Musikmuffel scheint es in Potsdam erfreulicherweise nicht zu geben. Was nicht verwundert, denn das kulturelle Angebot ist breit gefächert - wie es sich einer Kandidatin für die europäische Kulturhauptstadt 2010 geziemt. Entsprechend vielseitig zeigten sich auch die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci, die unter dem ideenreichen Thema „Gärten voller Klang - Schlösser, von Musik erfüllt“ das Jubiläum von fünfzig Jahren Festspiele gebührlich feierten. Fast alle Offerten waren ausverkauft, wobei sich thematisch gestaltete Programme größter Beliebtheit erfreuten. Ein Trend, der sich allenthalben feststellen ließ: von den musikalisch-literarischen Soireen im Alten Rathaus bis hin zu den nachhaltig nachgefragten Lesungen der URANIA in Potsdamer Gärten. Nicht weniger originell erwiesen sich die Programmangebote der Kirchenmusik. Die Chöre traten sowohl mit Werken auf, die der terminlichen Tradition verhaftet waren wie mit selten zu hörenden Oratorien. Der Internationale Orgelsommer hatte themenbezüglich indes bessere Zeiten erlebt. In diesem Jahr wurde er von der Einweihung der Woehl-Orgel in der Friedenskirche geprägt. Ihr schloss sich eine Festwoche an, die nahtlos in den Orgelsommer mit seinen zwölf Konzerten überging. Dass sich dabei mit Erlöser- und Friedenskirche nur ein kleiner Teil der Potsdamer Orgellandschaft präsentierte, muss der Szene-Kenner nach wie vor bedauern. Ein Vorschlag, andere Gotteshäuser mit ihren unverwechselbaren Instrumenten in das renommierte Festival einzubeziehen, fand bislang keine Resonanz. Er sei hiermit wiederholt. Das hauseigene Orchester des Nikolaisaals und die Gastklangkörper aus Brandenburg/Havel und Frankfurt (Oder) trafen im zurückliegenden Jahr auf ein erfreulicherweise stetig gestiegenes Interesse. Sie befriedigten es mit entsprechenden Leistungen. Nicht so die arg verkümmerte Musiktheatersparte des Hans-Otto-Theaters, der unter der neuen Intendanten-Ägide mit ihren bislang zwei verkorksten Premieren im Schlosstheater im Neuen Palais kein guter Start beschieden war. Es kann alles nur noch besser werden!Peter Buske

Peter Buske

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })