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Kultur: Keine Instrumente, viel Tamtam Die Weihnachts-Show mit The Flying Pickets

Es kann einem den letzten Nerv rauben. Das ewige Gedudel der immer gleichen Weihnachtslieder, die bis in den letzten Winkel der Einkaufzentren schallen oder sich auf Weihnachtsmärkten mit dem Gekrächzte von Weihnachtsmannfiguren und singenden Elchen zu einem Medley des Grauens verbinden.

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Es kann einem den letzten Nerv rauben. Das ewige Gedudel der immer gleichen Weihnachtslieder, die bis in den letzten Winkel der Einkaufzentren schallen oder sich auf Weihnachtsmärkten mit dem Gekrächzte von Weihnachtsmannfiguren und singenden Elchen zu einem Medley des Grauens verbinden. In eine besinnliche Weihnachtsstimmung wird so niemand versetzt. Ganz anders die britische A-capella-Band The Flying Pickets, die es in ihrer Christmas Show schaffte, mit wohlbekannten Songs ein bisschen vorweihnachtliche Fröhlichkeit zu verbreiten. Am vergangenen Freitag waren sie zu Gast im Lindenpark.

Ein Schritt nach links, ein Schritt nach rechts: In bester Boygroup-Manier betraten The Flying Pickets die Bühne, von vorn bis hinten durchchoreografiert. Der erste Ton ließ dann aber schnell vergessen, welche gekünstelten Tänzchen dort oben stattfanden. Die fünfköpfige A-capella-Formation hatte, passend zur Jahreszeit, ein weihnachtliches Programm mitgebracht, das die Zuschauer begeistern sollte. Und das tat es. Eine abwechslungsreiche Mischung aus eigenen Liedern, Cover-Versionen und Weihnachtsliedern gab dem Abend immer wieder eine andere Richtung. Bereitwillig machte das Publikum jeden Wechsel mit, bei fast jedem Song klatschten diejenigen rhythmisch mit, die im Musikantenstadl besser aufgehoben gewesen wären. Und auch als Sänger Andy Laycock zum Mitmachen anfeuerte, erinnerte das eher an ein Seniorenanimationsprogramm. Diese kleinen Zwischenspiele trübten eine Show, bei der die Musik eigentlich im Vordergrund stehen sollte.

So aber gingen gesangliche Feinheiten im wilden Durcheinander von Tanz auf der Bühne und Mitmach-Zappelei der Zuschauer unter. Dabei hätte gerade ein A-capella-Konzert so manche klanglichen Höhepunkte versprechen können. Und eigentlich brillierten The Flying Pickets auch mit ihrer Stimmgewalt: Sie schafften es, die führende Stimme hervortreten zu lassen, ohne dass sie sich zu weit vom Hintergrundgesang entfernte oder in ihm verschwand. Sie verwebten ihre sehr unterschiedlichen Klangfarben zu einem einzigartigen Ganzen. Michael Henry ist einer der Wenigen, dem eine schöne Version von Tracy Chapmans „Fast Car“ gelingt, dem Christopher Brooker mit basslastiger Stimme auch noch die nötige klangliche Tiefe verschafft. Und ebenso selten ist es wohl auch, dass einem bei klassischen Weihnachtsliedern wie „Silent Night“ oder „Frosty, the Snowman“ Gänsehautschauer über den ganzen Körper laufen. Doch auch dafür sorgten die wandelbaren Stimmen von Simon Foster und Andy Laycock.

Die Zuschauer lernten Lieder, die sie schon ihr ganzes Leben lang kannten, auf eine ganz neue Art und Weise kennen. Denn The Flying Pickets machten aus den Originalen anderer Musiker ganz einfach ihre eigenen Songs. Die Freiheiten, die ein A-capella-Konzert dabei bietet, nutzte das Quintett auf der Bühne bis zu seinen Grenzen aus. Die wenigen Leute, die es in den nur halb gefüllten Saal des Lindenparks verschlagen hatte, waren Beweis genug, dass ein Abend in A capella deutlich unterschätzt wird. Mit ihrer ganz eigenen Art bewiesen The Flying Pickets, dass Weihnachtsmusik auch etwas anderes bedeuten kann als das immer gleiche Gedudel auf den Weihnachtsmärkten. Chantal Willers

Chantal Willers

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