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Kultur: Keine kindliche Musikspielmaschine Staatsorchester stellt „Wunderkinder“ vor

Die musikalischen Wunderkinder dieser Welt haben es nicht leicht. Stets gratwandern sie zwischen Traum und Trauma, zwischen Begabung und Drill.

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Die musikalischen Wunderkinder dieser Welt haben es nicht leicht. Stets gratwandern sie zwischen Traum und Trauma, zwischen Begabung und Drill. Der krankhafte Ehrgeiz von Eltern und Musikpädagogen, von ausgebufften Marketingstrategen und Konzertveranstaltern treibt sie an. Und alle behaupten sie, wie viel Spaß die kindlichen Musikspielmaschinen bei diesem Treiben doch eigentlich hätten. Wirklich? Mit drei Jahren hat er Klavierunterricht bekommen, mit sieben seinen ersten Auftritt absolviert, mit elf Beethovens 1. Klavierkonzert gespielt. Ist Vladimir Stoupel deswegen ein Wunderkind gewesen? „Ich habe mich jedenfalls nie als solches empfunden!“ Glücklicher Konzertpianist, dem der frühzeitige Erwartungsdruck keinen Schaden bereitet hat. Stoupel hat künstlerische Erfolge genossen, Tiefschläge durchlitten, Krisen bewältigt und ist durch solche Erfahrungen zur Persönlichkeit gereift. Und so ist ihm aus einstiger bewunderter manueller Geschicklichkeit alsbald interpretatorische Intelligenz zugewachsen.

Doch die wenigsten Wunderkinder überstehen das Pushen und den damit verbundenen Stress. Wolfgang Amadeus Mozart beispielsweise, der hielt, was er mit seinem unglaublichen Können versprach. Oder der frühreife Felix Mendelssohn Bartholdy. Zu beiden kompositorischen Wunderkindern, die sich werkgefällig beim „Klassik am Sonntag“-Konzert vorstellen, gesellt sich mit Teo Gheorghiu ein tastatierendes, das unter der fürsorglichen Assistenz des Brandenburgischen Staatsorchesters und seines Chefdirigenten Howard Griffiths mit Schumanns a-Moll-Klavierkonzert op. 54 von seinem wunderkindlichen Ruf künden will. Den hat er sich durch seine Mitwirkung in dem schweizerischen Erfolgsfilm „Vitus“ errungen, wo er als Dreizehnjähriger unter Griffiths Leitung und mit dem Zürcher Kammerorchester den Solopart in eben jenem Schumannschen Klavier-Opus spielte, das die fiktive Filmgeschichte vom Weg eines Wunderkindes krönt. Nun ist Teo sechzehn. Passt er noch in die Wunderkind-Schublade?

Den 1992 als Kind rumänischstämmiger Eltern im schweizerischen Männedorf geborenen und mittlerweile mit einem kanadischen Pass ausgestatteten, durch öffentliche Meinung zum Star gewordenen Teo Gheorghiu ficht das alles nicht an. Nach nur einem Jahr Unterricht gibt er 1998 sein erstes öffentliches Konzert, gewinnt sich sieben Jahre später den 1. Preis beim Liszt-Klavierwettbewerb in Weimar. Der Unterricht an der Purcell School in London, einem Internat für musikalisch Hochbegabte, die er seit 2001 besucht, trägt erste internationale Früchte. Kein Wunder, wenn man dort ungestört täglich vier bis fünf Stunden üben kann. 2010 wird er die Kaderschmiede mit der Anerkennung für die internationale Hochschulreife verlassen. Er sei ein ganz normaler Junge, sagt seine Mutter, der in seiner Freizeit leidenschaftlich Fußball spiele, ein Fan von Manchester United sei und mehr vor dem Computer hänge als seine Kollegen. Wie er mit dem Starrummel umgehe? Sie glaube nicht, dass er sich groß darum kümmere. „Er ist wirklich cool und relaxed.“ Hoffentlich bleibt“s so.

Um mit 18, 19 Jahren nicht von der Bildfläche zu verschwinden wie so manch anderes Wunderkind, wünscht sich Howard Griffiths von Teo weiterhin ein ganz normales Leben. „Ein Musiker ist eigentlich nicht jemand, der einfach nur Noten spielt, sondern Emotionen wiedergibt. Und die muss man selber erlebt haben, sonst geht es nicht.“ Technisch würden seine Finger jegliche spielerischen Anforderungen „beeindruckend“ bewältigen. In letzter Zeit hat er mit Teo „Rach 2“ gespielt, auch Bach und Mozart. „Er hat an musikalischer Reife gewonnen – was mich hoffen lässt, dass er sich weg vom Nimbus eines Wunderkindes entwickelt“, freut sich Howard Griffiths. Wir werden es erleben. Peter Buske

21. Dezember, 16 Uhr, Großer Saal: Klassik am Sonntag

Peter BuskeD

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