zum Hauptinhalt

Kultur: Keine Meister, trotzdem schön

Abschlusskonzert der Meisterkurse bei den Potsdamer Bachtagen fand im Alten Rathaus statt

Stand:

Abschlusskonzert der Meisterkurse bei den Potsdamer Bachtagen fand im Alten Rathaus statt Kein Meister ist bisher vom Himmel gefallen, dafür gibt es in der Musik die Meisterkurse. Solche Meisterkurse nun fanden im Rahmen der Bachtage erstmals seit sechzig Jahren wieder in Potsdam statt. Gregor Witt, Siegfried Pank und Hans-Christian Schweiker, letztere selbst Solisten bei den Bachtagen, hatten Kurse zu Fragen der barocken Aufführungspraxis auf Oboe und Cello angeboten. Nun zeigten die Teilnehmer in einem Workshop-Konzert im Alten Rathus, was sie von ihren Professoren gelernt hatten. So kam es, dass die Studenten, die aus ganz Deutschland zu den Kursen gekommen waren, Interpretationen vortrugen, die zwar noch keine Konzertreife erreicht hatten, dabei aber gerade interessante Einblicke in die Probleme der Aufführungspraxis ermöglichten. Anika Dobreff, souverän begleitet von Gisela Richter und Björn O. Wiede (Cello und Cembalo), interpretierte auf der Oboe ausdrucksstark und geschmackvoll ein Andante aus einem Telemann-Konzert und ließ nur bisweilen tonliche Ungenauigkeiten durchklingen. Bei den folgenden zwei Sätzen aus einer Cello-Sonate von Antonio Vivaldi wurden die Unterschiede von modernem und historisierendem Cellospiel deutlich: Christin Hofmann erdrückte mit dem lauteren und behäbigeren Ton ihres stahlbesaiteten Cellos das Continuo-Spiel des darmbesaiteten Barockcellos fast. Dank des Cello-Stachels mögliche, größere Vibrato setzte sie leider ungezielt und gelegentlich unsauber ein. Martin Bungeroths Darstellung zweier Sätze aus der Es-Dur Suite für Cello ließ erkennen, welche Schwierigkeiten die von Professor Schweiker zu Recht geforderte polyphone Auffassung der Suiten dem Solisten bereiten können: Obgleich der Notentext befolgt wurde, fehlte letztendlich ein gutes Stück Souveränität zur Vollendung. Ayano Sato spielte versiert und fehlerfrei einen Satz aus Bachs Flötensonate in g-Moll auf der Oboe, blieb dabei aber leider eine persönliche Note schuldig, sie folgte dem Stück eher, als es voranzubringen. Marion Matthes spielte ebenfalls Sätze aus der Cello-Suite in Es-Dur und hatte Schwierigkeiten, der polyphonen und harmonischen Entwicklung des Stückes angemessenen Ausdruck zu verleihen. Leider störte sie selbst ihr im Übrigen technisch einwandfreies Spiel durch allzu lautes, arhythmisches Atmen. Yeo-Rhim Yoon, gleichfalls Cellistin, spielte mit vollem, großem Ton drei Sätze aus der Solosuite in e-Moll. Ihre Interpretation litt allerdings an übertriebenem Ausdruck und kurzatmiger Phrasierung. Die Solistin verlor darüber oft das Metrum. Die schönste und wirklich überzeugende Aufführung des Abends gelang schließlich Gisela Richter, die auf ihrem Barockcello eine Sonate Francesco Geminianis zur Gehör brachte. Wenngleich die ungewohnt hohe, moderne Stimmung den Celloklang in den oberen Lagen etwas dünn werden ließ, bewies sie mit schöner Gestaltung der Melodielinien und unaufdringlichem Vibrato, wie frisch und stimmig Barockmusik in historisierender Aufführungspraxis wirken kann. Ein großes Lob steht Björn O. Wiede zu, der nicht nur als Organisator der Bachtage, sondern auch als Cembalist hervorragende Arbeit leistete. So war es bei allen kleinen und größeren Schwächen der Darbietungen denn doch ein sehr erfreuliches Konzert: Die Professoren freuten sich der Fortschritte ihrer Kursteilnehmer, die Studenten nahmen deren Anregungen dankbar mit nach Hause und alle Beteiligten bestätigten die fruchtbare und angenehme Arbeitsatmosphäre, von der das gut besuchte Abschlusskonzert zeugte. Frederik Ahlgrimm

Frederik Ahlgrimm

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })