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Kultur: Keine Pasta für Berlusconi
Wortverliebt und ziemlich analytisch: Wiglaf Drostes germanistischer Exkurs im Waschhaus
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Dass mit Wiglaf Droste ein Sprachkritiker und glühender Verfechter der korrekten Verwendung der deutschen Sprache am Donnerstag ins Waschhaus kommt, stand bereits im Vorfeld außer Frage. Nun ist es wohl ein Privileg der deutschen Sprache, dass man so außerordentlich mit ihr jonglieren kann – und das grenzt sie gewiss auch von anderen Sprachen ab. Wiglaf Droste ist jedenfalls bei Weitem nicht der Einzige, der sich intensiver damit beschäftigt; er wirkt jedoch dabei je nachdem wie ein beschleunigter Max Goldt oder ein retardierter Bastian Sick, wenn er mit fast rowohltscher Vorlesestimme die Tücken der deutschen Sprache selbstsicher seziert.
Und fördert damit einiges zutage, etwa wenn er die inflationäre Verwendung des Plusquamperfekts in der Berliner Sprache erörtert: Klar, der Berliner „hatte immer noch wat zu stehn jehabt“. Oder sorgt für schenkelklopfende Erheiterung, wenn er über „Uhrarmbandgeruch“ reflektiert: starker Geruch – Sommerzeit, geringer Geruch – Winterzeit. Ist doch logisch. Dabei kommt Droste keinesfalls mit brechstangeligem Kalauerhumor daher; das ist schon ziemlich analytisch und wortverliebt, was er produziert: großartig sein germanistischer Exkurs, der ihn von der Knirschschiene über die Kirschschnitte und die Hirschfleischscheibe über das jugoslawische Putschschaschlik zu den Klatschschwadronen führt. Und er fühlt sich auch mal „verblos angebellt“, wenn die untergegangene Cafékultur „Draußen nur Kännchen!“ forderte.
Der unbestrittene Höhepunkt des Abends war jedoch, wenn der dandyhafte Droste, der seine froschäugige Charaktervisage mit einem breitkrempigen Cowboyhut betonte, seinen Vorlesetisch am Rande der Bühne verließ, um mit der „Tünseltown Rebellion Band“ musikalische Akzente zu setzen. Die Band mit der Besetzung Gitarre, Mandoline und Kontrabass sorgte für ein angenehm-jazziges Verquirlen verschiedener Musikstile, denen Droste, der oft angeraut-hüstelnd den Frosch in seinem Hals singen ließ, mit doppelbödigen Texten den letzten Schliff verlieh. Und da wurde es politisch, nicht nur mit der Coverversion „Wölfe mitten im Mai“ des im letzten Jahr verstorbenen Franz-Josef Degenhardt, wobei in dessen allegorischem Dauerfeuer auch ein Spickzettel erlaubt blieb. Und neben dem „Grätenwerfer in der Fischmehlfabrik“, dessen Songtext die Lüge des Fischfilets à la Bordelaise thematisiert, und des Tom-Petty-Klassikers „I won’t back down“, den er in der Johnny-Cash-Version lieferte, bekam besonders einer sein Fett weg: Silvio Berlusconi, die „mediamultiple Ölpfütze von einem Mann“. Und Droste verbot ihm einfach die italienischen Teigwaren: „Basta, Berlusconi, no pasta per te!“ Nein, Wiglaf Droste steht Ernsthaftigkeit ganz gut, besonders in seinen Songtexten: „Schon komisch, wie leicht man vergisst, dass alles, was man tut, für immer ist“ – suchen Sie da mal den Gag! Oliver Dietrich
Oliver Dietrich
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