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Kultur: Kindgerechter Hingucker

Taschenoper Lübeck mit „Orpheus“

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Barockopern und ihre Frühformen können dauern. Und sind bisweilen langweilig. Weil: es braucht Zeit, bis sie in Fahrt kommen, Situationen sich musikalisch etabliert haben. Für schnelllebige Zeiten und Gemüter nicht gerade der Renner. Für Kinder schon gar nicht. Das wird sich sicherlich bei jenen ändern, die am Schlusstag der Musikfestspiele im Schlosstheater im Neuen Palais der Einladung der Taschenoper Lübeck zu einem Kennenlernen mit Claudio Monteverdis „Orpheus“-Oper folgten.

Nach fünfzig Minuten war alles vorbei, die Kinder (ab sechs Jahre) und ihre erwachsenen Begleiter hellauf begeistert. Der Grund dafür? Ihnen wurde in kindgerechter Art der Mythos des griechischen Sängers nahe gebracht. Und zwar in einer durchdachten Textbearbeitung und Musikauswahl, bei der keine wichtige Station dem Rotstift zum Opfer fiel: Orpheus Hochzeit mit Euridike, deren plötzlicher Tod per Schlangenbiss, seine Trauer und Absicht, die Geliebte aus dem Totenreich zurückzuholen. Nach mancherlei Hürdenbeseitigung gelingt es ihm. Auch durch die bühnenaktive Mitwirkung von einigen Kindern, die die Hochzeit mitfeiern, Tuchbahnen als Totenflussimitation eifrig bewegen und als finale Reigentänzer gefragt sind. Die Freilassungsbitten gegenüber Pluto stimmt ein schnell einstudierter Zuschauerchor an.

Doch schon der Beginn ist ein Hingucker und Ruhigsteller der erwartungsfrohen Jung-und-Alt-Zuschauer. Ihnen will ein gelangweilter „Dozent“ mit professoralem Tonfall die Geschichte erläutern. Eine vierköpfige Singspieltruppe unterbricht ihn, will die Story auf der Bühne erlebbar machen. Die zeigt sich offen, leer und schwarz ausgeschlagen. In der Erzählerin (und Stückbearbeiterin) Margrit Dürr finden sich die Figuren der Musik, der Hoffnung und der Botin zusammengefasst wieder, außerdem greift sie an und an zum Kontrabass. Ähnlich vielseitig zeigt sich auch Frank Schwemmer, der mit knarzend-rabenschwarem Bass als Priester, Totenreichwächter Charon und Unterweltgott Pluto gar prächtige Charakterstudien abliefert. Tenor Julian Metzger ist ein gradlinig singender, zusätzlich Barockposaune blasender Orpheus, Annika Sophie Ritlewski seine soprananmutige Euridike. Sie alle agieren lustvoll, werden von Friederike Däublin (Gambe) und Cornelius Häußermann (Truhenorgel, Cembalo, Drehleier) stilsicher begleitet. Peter Buske

Peter Buske

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