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Kultur: Klangfroh

„coro campanile“ in der Friedenskirche

Stand:

Sie haben ein Faible fürs Besondere, sind in der freien Gesangsszene zu Hause und vereinigen ihre Stimmen aus gegebenen Anlässen, zumeist in der Osterwoche und zur Weihnachtszeit zu projektgebundenen Vorhaben. Elf Sängerinnen und Sänger, die sich als „coro campanile“ dem A-cappella-Gesang verschrieben haben und von Kirchenmusikdirektor Matthias Jacob künstlerisch betreut werden. Wie am Freitag in der gut besuchten Friedenskirche, wo sie mit kunstvollen Gesängen aus dem Frühbarock über die Romantik bis hin zu gemäßigt modernen Gefilden von adventlichen Erwartungen kündeten. Ein Programm der innigen, freudenreichen und frohgemuten Klänge über die Geburt Jesu. Dabei sind jeweils drei Weisen epochenübergreifend zu einer Gruppe zusammengefasst.

Zwischen deren Vier erklingt Orgelmusik, wobei im Zentrum der symmetrisch angelegten Programmabfolge drei kontrastierende Varianten des Chorals „Nun komm, der Heiden Heiland“ stehen. Matthias Jacob spielt sie an der Woehl-Orgel mit ihren klangfarbenreichen Möglichkeiten. Zunächst die Bachsche Version BWV 599 aus dem „Orgelbüchlein“: erhaben und schlicht mit dem Cantus firmus im Sopran. Auch auf dem Orgelpositiv weiß Matthias Jacob sehr innige und schlichte Melodien auf angemessene Weise darzubieten: die gradlinige, kurzweilige Choralvariation über „Nun komm, der Heiden Heiland“ von Friedrich Wilhelm Zachow sowie zwei Magnificat-Fugen von Johann Pachelbel, wobei Letztere mit sanften Zungenstimmen eine geradezu schwebende Fröhlichkeit ausstrahlt.

Diese wiederum entspricht ganz dem Singanspruch von „coro campanile“. Innerlich freudig bewegt bis leidenschaftlich erregt stimmt er gleich zu Beginn die romantisch orientierte Psalmvertonung „Machet die Tore weit“ von Albert Becker an. Weich und ausdrucksgenügsam, aber dennoch sehr intensiv breitet sich Michael Praetorius‘ „Es ist ein Ros entsprungen“ aus, wobei der geschmeidige und gedeckte Klang sofort die Sinne anzusprechen versteht. Er ist bestimmt durch auffallend einprägsame Stimmen, die durchaus ihrer charakteristischen Prägung gemäß tönen dürfen. Was sie denn auch in den kunstvollen „Ros“-Bearbeitungen von Hans Chemin-Petit und Hugo Distler unter Beweis stellen. Solche Gegenüberstellungen mag Matthias Jacob, denn der romantischen Psalmvertonung von Albert Becker zu Beginn des einstündigen Abends lässt er die frühbarocke Deutung des Andreas Hammerschmidt folgen. Solchen nahtlosen stilistischen Wechseln fühlen sich die Choristen fast mühelos gewachsen. Beim Anton Brucknerschen „Virga Jesse floruit“ ist des Chores elfköpfige Besetzung doch etwas zu klein, um das harmonisch anspruchsvolle Stück mit geschmeidiger Ausdrucksgeste vortragen zu können. Die ihnen jedoch bei Helge Jungs moderner Deutung des Traditionals „O du fröhliche“ zur Verfügung steht. Auf die bevorstehende Heilige Nacht ist man klangfroh eingestimmt. Peter Buske

Peter Buske

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