Kultur: Klangprächtig und eindringlich Orgelsommer-Auftakt mit Matthias Jacob
Nun ist“s vollbracht. Die 2004 fertig gestellte Woehl-Orgel in der Friedenskirche kann endlich in voller Pracht sich vorzeigen.
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Nun ist“s vollbracht. Die 2004 fertig gestellte Woehl-Orgel in der Friedenskirche kann endlich in voller Pracht sich vorzeigen. Pünktlich zur Eröffnung des 18. Internationalen Orgelsommers hat Restaurator Matthias Boehlke die Ausmalung des Tonnengewölbes in der Orgel beendet. Prachtvoll leuchtet es nun aus dem „Auge“: Sterne aus Blattgold funkeln in dunkelgesäumten Kassetten, deren Farbton dem des Holzes der Orgelumhüllung angepasst ist. Die Kassetten sind denen unter der Orgelempore nachempfunden, aber überhaupt keine echten. Ihre plastische Wirkung wird durch illusionistische Malerei erreicht. Nun macht es richtig Freude, der Orgel tief ins „Auge“ zu blicken.
Zum Auftakt des Orgelsommers spielte „Hausherr“ Matthias Jacob ein kontrastreiches, fast ausschließlich französisches Programm, bei dem sich Werke des Avantgardisten Olivier Messiaen anlässlich seines 100. Geburtstages mit denen des Spätromantiker César Franck abwechselten, gekrönt von einer Regerschen Choralfantasie. Was dem Organisten die reich genutzte Möglichkeit bot, die französischen Registerstimmen in glanzvollem Licht erscheinen zu lassen. Diskantstimmen erzeugten dem ersten Teil „Subtilité des Corps glorieux“ (Zartheit der verklärten Leiber) aus Messiaens siebenteiligen Visionen „Les Corps glorieux“ eine beinahe klangliche Zerbrechlichkeit voller Eindringlichkeit und Schlichtheit. Wie es sich für eine sachgerechte Wiedergabe Messiaenscher Eingebungen gehört, betonte Jacob auch im Teil „Joie et clarté des Corps glorieux“ (Freude und Glanz der verklärten Leiber) einen notwendigen spröden und deklamatorischen Klang. So konnte sich die in Noten gesetzte Verheißung jubilierend verbreiten. Dagegen zog er für „Combat de la mort et de la vie“ (Der Kampf des Todes mit dem Leben) schnarrende Register, ließ er dissonante Akkordblöcke wie grob und unbehauen wirken. Erregung verbreitete sich, ein Pedalsolo kulminierte zu einem fulminanten Fortefortissimo – der Tod hatte sein Machtwort gesprochen. In ätherischen Regionen sang sich der Satz in großer Ruhe aus.
Im Gegensatz dazu standen die Franckschen Orgelstücke. Weich, fast samtig erklangen „Prélude, Fugue et Variation“: entweder kantabel ausgesungen oder majestätisch aufrauschend. In der tokkatisch geprägten „Piéce héroique“ bevorzugte Jacob eine sehr strukturerhellende Spielweise bevorzugte. Die war auch in Regers Choralfantasie „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ op. 52/II allenthalben zu spüren, um in der klangüppigen und zusammenfließenden Chromatik den Überblick zu behalten. Sehr plastisch hatte der Komponist den prägnanten Text des Chorals vertont. Eingangs brüten beklemmend dumpfe Akkorde, als ob sie einen düsteren Totenacker beschreiben wollten. Gleich Blitzstrahlen fahren Läufe und Akkorde drein, sodass die Toten durch die Stimme (eines Engels) erweckt werden. Dann hört man die Wächter singen, ihr Herze springen und das mit vielen chromatischen Widerhaken versehene Zitat des berühmten Chorals, schließlich die Beseligung, vom Organisten zu glanzvoller Wirkung gebracht. Peter Buske
Peter Buske
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