Kultur: Klangvergnügungen
Musikfestspiele: Gartenmusiken im Park Babelsberg
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Musikfestspiele: Gartenmusiken im Park Babelsberg Hautnaher als mit einem Spaziergang durch die Parks von Sanssouci und Babelsberg, beim Schlendern im Neuen Garten und auf der Freundschaftsinsel nebst freiluftigem Musikgenuss konnte man am Wochenende nicht am diesjährigen Festspielmotto „Gärten voller Klang - Schlösser, von Musik erfüllt“ dran sein. Sangeskünste und Bläserklänge durchwehen das Waldesdickicht, weisen dem auf verschlungenen Wegen Wandernden den Weg in die richtige Richtung - zu „Gartenmusiken im Park Babelsberg“. Vorm, leider nicht auf dem neogotischen Flatowturm haben sich die Potsdamer Turmbläser postiert, um mit Intraden und einer lockeren Folge von Turmmusiken aus der Feder des Leipziger Stadtpfeifers Johann Christoph Pezel (1639-1694) die saftgrüne, weite Landschaft mit Musik zu füllen. Nicht als Zeichen zum Öffnen bzw. Schließen der Stadttore oder dem Arbeitsbeginn der Knechte, sondern einzig zur Erbauung der Besucher und Bürger der Stadt - wie es einstens üblich war. Zunehmend finden sich auf dem Plateau Radler, Jogger und Wanderer zur Rast ein. Sie sitzen auf dem Rand des leeren Wassergrabens, erfreuen sich an kurzweiligen alten Tanzweisen, die ihnen Horn, Posaune, Tuba und zwei Trompeten mit weichem Ansatz zu Gehör bringen. Erläuterungen zu Sinn und Zweck von Turmbläsereien kommen bei den Zuhörern gut an. Einige von ihnen finden anschließend den (kurzen) Weg zur Gerichtslaube (aus dem 15. Jahrhundert), vor deren Gemäuer das von Rainer Böhm geleitete Ensemble „Alta Musica“ Musik vorstellt, wie sie in einem „Le jardin de plaisance“ (Garten des Vergnügens) an italienischen Fürstenhöfen vor und um 1400 erklungen ist. Das Angebot reicht von ein- und mehrstimmigen Liedern der Troubadours und Minnesänger bis hin zu reizvollen Instrumentalsätzen. Das meiste davon stammt von Francesco Landini (1325-1397), Guillaume de Machaut (1300-1377) und Johannes Ciconia (um 1370-1412). Dessen Lobpreis auf Venedig („Venecie mundi splendor“) bedient sich des gepresst näselnden Klanges von Schalmeien und einem Pommer (Fagottvorläufer). Andere schlichte Instrumentalstücke werden auf Blockflöte, Drehleier, Fidel, Saitentambourin und Portativ musiziert. Auch die Gesänge, meistens zweistimmige Liebeslieder, werden ungekünstelt und in prägnanter Rhetorik vorgetragen. Sie sind größtenteils von Klage und Todessehnsucht erfüllt. Ihr introvertierter Ausdruck wird von der Natur gleichsam gebrochen: die Buntspechte hämmern wie wild ihr Stakkato, die Krähen krächzen, eine Schar von Singvögeln tiriliert dazwischen, und vom Tiefen See dringt das Hupen vorbeiziehender Dampfer herauf. Die Openair-Akustik ist erstaunlich gut, man versteht jedes Wort und jeden Ton. Nicht gerade unwichtig bei dieser Musik der leisen Töne, die einen zum Hinhören zwingt. Was bei diesem seelenentspannenden, sonnenbeschienenen Klangaufenthalt im Freien nicht schwierig ist.Peter Buske
Peter Buske
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