Kultur: Klassisch, formbewusst, stilvoll 10. Sinfoniekonzert mit der Kammerakademie
„Er beginnt als eine Art Enfant terrible der russischen Musik“, heißt es über Sergej Prokofieff in Vermeidung des Wortes „Wunderkind“. Wie Wolfgang Amadeus Mozart und Felix Mendelssohn Bartholdy war Prokofieff ein Komponist, dessen musikalisches Talent schon beim Kind zutage trat und der bereits als Jugendlicher mit eigenen Werken bekannt wurde.
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„Er beginnt als eine Art Enfant terrible der russischen Musik“, heißt es über Sergej Prokofieff in Vermeidung des Wortes „Wunderkind“. Wie Wolfgang Amadeus Mozart und Felix Mendelssohn Bartholdy war Prokofieff ein Komponist, dessen musikalisches Talent schon beim Kind zutage trat und der bereits als Jugendlicher mit eigenen Werken bekannt wurde. Das letzte Sinfoniekonzert der Kammerakademie Potsdam in dieser Saison gab Gelegenheit zum Hören von Werken dieser drei Komponisten.
Unter der Leitung von Michael Sanderling wurden bekannte Stücke der Klassik-Charts gespielt. Mit Sergej Prokofieffs erster Sinfonie hielt der Neoklassizismus Einzug in die Musik des 20. Jahrhunderts. Ganz bewusst knüpft der damals 25-jährige Komponist an Haydn an, verbindet völlig frei Elemente der klassischen Musiksprache zu einem Werk, das gleichermaßen in die Vergangenheit wie in die Zukunft weist. Aus der mittelgroßen Besetzung ragen immer wieder einzelne Bläserstimmen heraus, weiche Streicherketten, pulsierende Metren, doch nichts wirkt grell, scharf oder sarkastisch wie in späteren Werken des Meisters. Ein großer Scherz, eine liebevolle Parodie mit vielen Anklängen an Haydn sollte diese Sinfonie sein – und so klingt es auch weitgehend in der präzis zugespitzten, subtil durchgearbeiteten Interpretation der Kammerakademie Potsdam. Das Finale verströmt locker-quirlige Klänge, wenn auch einige „scherzando“-Solostimmen etwas mehr hätten hervortreten können.
Völlig entgegengesetzt im Tonfall erscheint das bekannte Violinkonzert e-moll von Felix Mendelssohn-Bartholdy mit dem Solisten Benjamin Schmid. Der österreichische Violinist steht für Geigenkultur der Extra-Klasse, sein Spiel befindet sich technisch, klanglich und interpretatorisch in den Hochregionen der Kunst. Die virtuose Kadenz offenbart es genauso wie das zarte Pianissimo im Andante und das grandiose, quicklebendige Legato im Finale. Eine klassische, formbewusste, stilvolle Interpretation, die das Publikum mit begeistertem Beifall belohnt. Benjamin Schmid dankt mit einer Zugabe, der Passacaglia g-moll von Heinrich Ignaz Biber, die er als esoterischen, hochvirtuosen Klagegesang in biblischen Dimensionen spielt.
Die Linzer Sinfonie von Wolfgang Amadeus Mozart ist ein erstaunliches Werk, das bei aller Strenge der in drei Sätzen durchgehaltenen Sonatenhauptsatzform ein Höchstmaß an Poesie entfaltet. Die Besetzung enthält keine Flöten, die Mozart ja nicht liebte, aber Hörner sowie leicht getrübte Trompeten und Pauken. Sie erklingen selbst in den zart getupften, pastelligen Landschaften des Andantes. Wie eine gehauchte, galante Skizze wirkt das Trio. Der vierte Satz wirbelt kontrastreich, dynamisch klar abgesetzt, mit formidablen Streicherpassagen seinem gloriosen Finale entgegen. Viel Applaus für einen großartigen Saisonabschluss der Kammerakademie Potsdam.
Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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